Hi-Ha-Hummus. Israel 2017: All over now


Wieder gelandet, mit Gepäck und ohne Schnupfen, dafür mit Mückenstichen yada yada yada. Wie es gute Sitte ist, das Gesamtwerk in chronologischer Reihenfolge.

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Hi-Ha-Hummus. Israel 2017: Erosion im Hinterland
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Hi-Ha-Hummus. Israel 2017: Erosion im Hinterland

Bevor die in Eilat stetig wehende Brise der Pauschaltourismus-Idiotie die Wandervögel infizieren kann, brechen sie auf die Umgebung zu erkunden. Der ursprüngliche Plan, die Wüstenstadt mit dem, für eine Wüstenstadt selten dämlichen, Namen Petra zu besuchen, zerschlägt sich alsbald. Der russische Herbergsvater, den Wandervogel 2 ob seiner Quirligkeit Dimitri getauft hat, breitet das Paket für die Petra-Tagestour vor den beiden aus schreibt unter den Strich 640 US-Dollar. Schuld sind die jordanischen Grenzer und deren erhöhter Bedarf nach Goldschmuck, der durch die Devisen der Tagesgäste bedient werden soll. Angewidert von so skrupelloser Raffgier beschließen die Wandervögel ein Alternativprogramm, schließlich gibt es im Eilat-Umland genau so alte Steine wie im Nachbarland.

Die Wandervögel entdecken den Russen in sich und mieten für mehr Komfort und Flexibilität einen wendigen Reiskocher. Allerdings nimmt der Fahrspaß der Pilotin aufgrund baulicher Eigenheiten ein jähes Ende: Beim Versuch, den staubigen Parkplatz zu verlassen gibt der Unterboden mit einem stöhnenden Ächzen zu verstehen, dass die Bodenfreiheit japanischer Kleinwagen und die Höhe israelischer Bordsteine nicht die besten Bettgenossen sind. Entsprechend ultra-vorsichtig geht die Fahrt Richtung Ortsausgang und Hinterland weiter. Dabei Gedanken an ein im balinesischen Hinterland versenktes Moped.

Das letzte Stück des Weges zum Red Canyon führt über eine Schotterpiste, deren Oberfläche aus einer Ansammlung von Schlaglöchern besteht, in denen sich selbst sehr dicke Menschen mühelos verstecken könnten. Eine Herausforderung für Nuckelpinne und Fahrerin. Entsprechend wechselt Wandervogel 1 in den ersten Gang und eine Konzentrationsdimension, die man nur von, Fahrern kennt, die bei Wetten dass…?! mit einem an die Gabel eines Staplers geklebten Löffel ein rohes Ei über einen Slalom-Parcours bugsieren. Diesseits der Schrittgeschwindigkeit windet sich die Blechbüchse über die Strecke, doch durch die Professionalität von Wandervogel 1 endet die Anfahrt ohne weitere Schäden für die Maschine.

Im Nationalpark selbst werden die Nerven der Wandervögel auf eine harte Probe gestellt. Die durch die in Jahrmillionen von Erosion schallenden atonalen Scheußlichkeiten attribuiert Wandervogel naiv einer Pfadfindergruppe um tatsächlich festzustellen, dass es sich um eine Reisegruppe aus mittelalten unförmigen Frauen mit osteuropäischen Wurzeln handelt. Da die besonders dicken und ängstlichen Exemplare sich bei der Verwendung der Jakobsleitern schwer tun, stimmt der Solidarische Rest der Bande Volksweisen an, um sich die Zeit zu vertreiben. Da einige Passagen des Naturwunders so schmal sind, dass man sie nur nacheinander passieren kann, verstopfen die angsterfüllten Muttis den Abfluss und lassen in Wandervogel 2 Gewaltfantasien aufsteigen, die mit unmenschlich nur sehr unzureichend beschrieben wären. Wie durch ein Wunder endet der Ausflug ohne Tote.

Nach der Rücktour über die kleinwageninkompatible Schotterpiste sehen die Wandervögel einen in Warnweste Gekleideten am Straßenrand. Ihren altruistischen Wurzeln folgend kutschieren sie den seine Frau am leergefahrenen Allradmonster, Stehenlassenden zur nächsten Tankstelle. Der Weg führt weiter zur zweiten Attraktion des Tages, dem Nationalpark Timna. In der ersten Kupferhütte der Welt erfreuen sich die Wandervögel an weiteren Wundern der Erosion, mehr noch aber an der himmlischen Ruhe, die vor allem angesichts der kürzlich gemachten Erfahrung, dass Teile der Menschheit sich bestenfalls als Kompost eignen [1], um so eindrucksvoller vor sich hin schweigt. Ruhe sanft.

[1]: Wandervogel 1 gibt zu Protokoll, dass sie sich mit aller Schärfe von der Kompost-Formulierung distanziert, das sie diese als „zu hart“ empfindet. Außerdem sei sowieso alles übertrieben und die Bilder manipuliert.

Hi-Ha-Hummus. Israel 2017: Russischer Ballermann

Um die Photosynthese in Wallung zu bringen und dem näheren Umfeld nach der Rückkehr ob des Sonnenbrandes achtungsvolle Blicke abzuringen machen sich die Wandervögel auf ins Vierländereck, wo Israel an Jordanien, Ägypten und Saudi Arabien stößt. Die Destination im Südende des Landes heißt Eilat und erscheint auf den ersten, zweiten und dritten Blick als das Mallorca Israels. Bettenburgen, Flagshipstore-Promenade und jede Menge Russen. Wüssten sie es nicht besser, die Wandervögel vermuteten sich in einer von Osteuropäern annektierten Enklave – Goldketten in Jogginghosen an der Hand irrwitzige Kombinationen aus blondierten Haaren und gefärbten Lippen. Ein Grund für die Popularität bei den Putin-Boys mag der Komfort sein, mit dem sich Eilat anbiedert: ein Flughafen mitten in der Stadt; drei Minuten zum Hotel, drei Minuten zum Strand. Budnigz na di nudnigz.

Der sogenannte Strand besteht aus einem schmalen Kiesstreifen, hinter dem sich das verbrannte Rentnertum des Kaukasus auf Liegen dreht und wendet. Schmoren im eigenen Saft, nur ein Bratschlauch würde zu besseren Ergebnissen führen. Nicht absprechen kann man dem Touri-Ort allerdings die malerische Bergkulisse und die klare, quallenfreie See. Eine spontane Beprobung dieser durch Wandervogel 1 bestätigt den positiven Eindruck. Während die Wandervögel alle Faktoren abwägen, um ihr kritisches Urteil zu fällen, tuckert die obligatorische Partyfähre heran. Zu schlimmsten Thunderdome-Techno werfen von der Seesonne und all-inklusive-Alkohol zerstörte junge Menschen ekstatisch zuckend ihre Gliedmaßen von sich. Die ganze Geschichte bald als knallhart recherchierte Reportage im Spätprogramm von RTL.

In der Ballermann-Bäckerei versorgen sich Einheimische und daher auch die Wandervögel mit Teigwaren – so zumindest der Plan, bis ersichtlich wird, dass es gute Sitte zu sein scheint, zunächst ein dutzend Brötchen anzugrabbeln bevor man sich dann doch für eine Puddingschnecke entscheidet. Allerdings hält sich die Trauer in Grenzen, denn das Angebot setzt sich überwiegend aus Weißbrot-Derivaten und kandierten Weizenmehl-Snacks zusammen. Hätten die Wandervögel mehr zu sagen, jedes Land der Erde würde Vollkornbrot anbieten.

In der von einem – wie sollte es anders sein – russischen Inhaber geführten Herberge machen sich die Wandervögel über Umgebungskarten brütend an die Ausarbeitung eines Schlachtplans. Wie es sich für ein Russen-Hostel gehört, schließt die Ausstattung des Zimmers einen Flachbildfernseher mit ein. Und weil der Russe an sich nicht nur Wert auf Gold und kurze Wege, sondern auch auf viel Unterhaltung legt, ist das komplette Kabelpaket im Zimmerpreis mit inbegriffen. Bei einer groben Durchsicht wird Wandervogel 1 fündig und ihr Abend ist gerettet: auf universal verständliche Telenovelas und unverständliche Nachrichten folgt Pretty Woman in der englischen Originalversion. Zum Heulen.

Hi-Ha-Hummus. Israel 2017: Aquatischer Abschied


Der letzte Tag beginnt mit einer Panikattacke. Die meldet per Kurznachricht, der Autovermieter habe nicht die vereinbarte Summe abgebucht, sondern einen vielfach höheren Betrag. Feueralarm. Die Vögel weisen die Bank an, die Knete nicht rauszurücken, bis der Sachverhalt geklärt ist. Das passiert dann auch ganz schnell, denn es war alles nicht so gemeint vom Vermieter, der sich nur für eventuelle Schadensfälle absichern wollte.


Nach der Achterbahnfahrt der Gefühle und bevor die beiden fünf Stunden lang im Egged-Bus nach Tel Aviv sitzen, wollen die Wandervögel sich noch einen letzten Strandtag gönnen, allerdings zieht es sie nicht nur an das, sondern größtenteils, unter das Wasser. Nach dem erfolgreichen Verpassen des Strandbusses und dem anschließenden Gewaltmarsch in der sengenden Sonne, kommen die beiden am örtlichen Korallenriff an. Schnorchelnd funktioniert die Welt wie sie soll, Ruhe, bunte Fische, fertig ist der Lack.


Die lange Busfahrt zurück zum Ausgangspunkt der Reise ist ereignislos. Fast alle Insassen bemühen sich um eine Mütze Schlaf. Erfolg hat in dieser Hinsicht jedoch nur einer der Fahrgäste. Von Paparazzis unerkannt hat sich der israelische Meister im Schnarchen an Bord geschlichen und treibt alle, die nicht an Kopfhörer im Handgepäck gedacht haben, in den Wahnsinn. Wie er es schafft vor jeder Pinkelpause aufzuwachen, um nach deren Ende ohne einzuschlafen direkt loszuschnarchen, ist Zeugnis seiner Meisterhaftigkeit.


Weil mal wieder Sabbat ist, ist in Tel Aviv nicht viel mit Bussen, also lassen sich die Scharchgeprüften mit einem Taxi zum letzten Nachtlager in Jaffa chauffieren. Im Herzen der mittelalterlichen Mauern, umgeben von Bars voller lebensbejahender junger, reicher und gut aussehender Menschen beziehen die Wandervögel ihr Quartier im zweiten Stock eines abgewrackten Altbaus – mit straßenseitigem Balkon über dem Nachtleben. Schlimmer noch als die heranwehenden 80er-Jahre-Hits wiegt der Nachbar, ein amerikanischer Straßenmusikant dessen Alleinstellungsmerkmal es ist, laut und schief Fantasietexte auf populäre Hits zu singen. Wenn er selbst kein Ende findet, das dicke Ende kommt bestimmt.