123Lanka. Sri Lanka 2016: Das Wespen-Massaker von Sigiriya


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Das letzte Level, bevor die Wandervögel in den Surf- und Rumgammelteil des Urlaubs aufbrechen, führt in das UNESCO-Weltkulturerbe Sigiriya, einen riesigen Fels mitten im grünen Nirgendwo, auf dessen Oberseite ein König mal eine Festung bauen ließ. Hört sich zunächst eher mittelschlau an, aber wenn man seinen Vater umbringt, um an die Krone zu kommen, spricht viel dafür, sich einen gut verteidigbaren Wohnsitz auszusuchen. Mit Vatermord macht man sich ja nicht unbedingt nur Freunde.

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Nicht gewillt mitten in der Nacht aufzustehen, um stundenlang Bus zu fahren, lassen sich die Wandervögel vom Privatchaffeur fahren. Was kostet die Welt? Auf dem Weg stoppt der Fahrer in Dambulla, wo man in sengender Sonne an Affen vorbei krackseln darf, um schließlich mehrere Dutzend mannshohe Buddahstatuen in Höhlen zu bestaunen. Im Anschluss geht es in einen Kräutergarten, dessen quasseliger Führer behauptet 13 Sprachen zu sprechen. Eine davon ist so etwas wie Deutsch; so verständlich als mühte sich ein Niederbayer in Platt.

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Allerlei wundersame Pillen und Tinkturen hat er schließlich im Angebot. Pillen gegen Bauchspeck „schön schlank mein Herr, garantiert“ (piek piek) und für die Potenz „nehmen Sie und dann zwei Tage wie Ali Baba“ (zwinker zwinker). Schneller als die Wandervögel davon laufen können, packt sie der Gartenmasseur, um knetend die Vorteile des Kräuteröls gegen Verspannungen anzupreisen „gut mein Herr, Sie spüren Entspannung“ (knet knet). Durch den Kauf von Kleinigkeiten winden sich die Wandervögel aus der Shopping-Falle und düsen Richtung Riesenfelsen im Nirgendwo.

Bereits der Aufstieg steht unter ungünstigen Omen. Die Betreiber der Felsanlage kommen nicht auf die Idee, Wasser zu überzogenen Preisen anzubieten – oder überhaupt. So machen sich die Wandervögel mit einer eisernen Halbliter-Reserve bei 32 Grad im Schatten an den Aufstieg. Dem wochenendlichen Feiertag ist geschuldet, dass die sri-lankinischen Krethi und Plethi samt Kind und Kegel die Anlage bevölkern. Greinende Kleinkinder, schnatternde Sari-Mütter und balzende Pubertierende. Nur Satan persönlich kann dieses enervierend laute und penetrante Umfeld orchestrieren.

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Gesäumt ist der steile Pfad auf den Fels von amüsant illustirerten Hinweisschildern, die dazu auffordern sich gesittet zu verhalten, um nicht die im Fels wohnenden Hornissen (a.k.a. Wespen a.k.a. Hummeln – man ist sich auf den Schildernr nicht so eins) zu verärgern. Wandervogel_02 wünscht dem krakeelenden Volk nichts sehlicher, als ein paar verhaltenskorrigierende Piekser in den Popo. Wie kann er ahnen, dass sein Wunsch erhört werden sollte. Doch bis dahin führen sich die übrigen Besucher auf wie die letzten Menschen und fallen den in der Sonne bratenden, krakselnden, durstenden Wandervögeln gehörig auf die Nerven.

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Der Aufstieg auf Sigiriya gliedert sich in mehrere Abschnitte, der letzte entlang eines Zick-Zack-förmig in den Fels getriebenen Pfades, auf dem es nur im Gänsemarsch voran geht. Der Lohn der schweißtreibenden Plackerei ist ein Plateu mit Ruinen und einem in der Sonne vor sich hindümpelnden Bassin, das vor 1.500 Jahren sicher mal was hermachte. Immerhin ist weite Rundum-Blick über sattes Grün annehmbar. Daran schließlich sattgesehen, machen sich die mittlerweile komplett ausgedörrten Wandervögel an den Abstieg. So zumindest der Plan.

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Doch bevor die Wandervögel sich den Pfad wieder hinabzwingen können, müssen sie einen Pulk abwarten der nach oben drängt. Als dieser kein Ende zu nehmen scheint und Körperhaltung und Gestik der Aufstrebenden zunehmend ungewöhnlich wirken, folgert Wandervogel_01 messerscharf, dass Wandervogel-Toleranz gefragt sei, da es sich offensichtlich um den Ausflug einer Behinderten-Truppe handelt. Doch die spastischen Bewegungen, die auf die Köpfe gepressten Hände und verzerrten Gesichtsausdrücke hatten eine andere Ursache: Das krakeelige Volk hat bei seinem Aufstieg den seit 800 n.C. Am Fels residenten Hornissen-/Wespen-/Hummelschwarm aufgescheucht, der sich für Ruhestörung auf seine Art revanchiert.

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Wild um sich Fuchtelnde, Mütter mit schreienden Kindern und eben noch so lässig daherplappernde Pubertäre mit schmerzverzerrten Gesichtern strömen die Treppe hinauf und bringen um ihre Körper schwirrende stechende Insekten mit sich. Die Wandervögel flüchten bergziegengleich über die nicht zu betretenden Ruinen, bringen sich unter einem Schatten spendenden Baum in Sicherheit und beobachten das aufgescheuchte Treiben aus der Ferne: sich auf dem Boden Wälzende, Fäuste in die Ohren Stemmende, regunglos Verharrende – die gesamte Bandbreite der Wespenstich-Reaktionen. Der Gerechtigkeit ist genüge getan.

imageDummerweise melden dann auch die Zerstochenen, die noch immer stechende Insekten mit führen ein Schattenbedürfnis an, sodass die Wandervögel ihren Schauplatz widerwillig verlassen und wasserlos in der Sonne braten müssen. Der Abstieg ist bis auf Weiteres gesperrt. Braten in der Sonne, immerhin mit toller AUssicht. Ein Großteil der Opfer hat unterdes Zuflucht in einer Hütte aus Palmwedeln gesucht und ein Feuer angesteckt – in der Hoffnung, der Qualm könnte die Instekten vertreiben. In ihrer Verzweiflung sägen sie an dem Ast auf dem sie sitzen und beginnen das Dach der Hütte zu verheizen.

imageNach wasserlosen Stunden in der sengenden Sonne, in denen die Wandervögel sich fragen, welche tragende Rolle sie in der sich bildenden Parallelgesellschaft auf dem Dach von Sigiriya einnehmen können, damit sie nicht zu den ersten gehören, die gegessen werden, kommt es zu einer überraschenden Wendung. Es tritt auf: Die Sri-Lanka-Air-Force. Wie sich in der kommenden Stunde herausstellen wird, eine unfähige Gurkentruppe, die allenfalls als Dekoration bei Paraden oder Kanonenfutter taugt, aber weder zur Landesverteidigung, geschweige denn für einen Angriffskrieg oder die Evakuierung von Opfern einer Insektenattacke. Der Plan: Die gut 200 Menschen in Trupps zu sechs Personen unter einem Moskitonetz hinunter zu schicken. Spitzenplan. Warum keine Rutsche?

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Getrieben von Langeweile, Ausgedörrtheit und Überlebenswillen schmuggeln sich die Wandervögel unter einen Tross Frauen und Kinder, um sich zeitnah einen Ausweg auf der sengenden Insekten-Hölle zu bahnen. Zwischen stöhnenden alten und taumelnden Männern schleichen sich die beiden Fremdkörper die Stufen hinunter und schließlich in die weit entfernte sichere Klimatisiertheit ihres Taxis. Aus diesem Ereignis resultierende Tipps für Power-Urlauber: Immer mehr Wasser und Sonnenschutz mitführen als benötigt oder rechtzeitig vor dem Reiseantritt in den Kleinanzeigen nach einem gebrauchten aber gut erhaltenen Fallschrim Ausschau halten.

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