Generalstabsmäßig organisiert wartet der Schildermann am Flughafen Colombo auf die Wandervögel. Rein in den vollklimatisierten PKW und ab auf die vorbildlich in Stand gesetzte und angenehm wenig befahrene Autobahn. Der dankeswert schweigsame Fahrer verbringe die aufgrund Schlafmangels komplett zerschossenen Wandervögel in den zweieinhalb Stunden entfernten südlichen Küstenort Galle, über den der Reiseführer sich in schwülstigen Adjektivstömen auslässt.

Tatsächlich stellt sich die 100.000er Stadt als schizophren heraus. 95 Prozent von Galle sind von Tuktuk- und Bus-Hupen zerdröhnte, schmal- bis nicht-bügersteigige und von Schrott-Händlern durchzogene Großstadt. 5 Prozent von Galle sind durchwandelbares UNESCO-Weltkulturerbe, die Ruine einer vom Meer begrandeten Festung mit den verwitterten Resten holländischer Kolonialarchitektur. Die stramm auf das Rentenalter zuwandernden Wandervölgel haben sich ihr Domizil hier gebucht – und alle Erwartungen werden erfüllt.

Der UNESCO-Teil von Galle entpuppt sich als Rentnerparadies. Ein Mix aus Westerland und Eckernförde. Hier reiht sich Modeboutiqe an Kunsthandwerksladen, Juwelier an Eisdiele und Bistro-Cafe an Unterkunft. Super, wenn man Lust hat „bummeln“, „ein Käffchen trinken“, oder „Leute gucken“ zu gehen. Letzteres unter erschwerten Bedingungen, weil die Nebensaison in Galle der nicht-Saison gleichkommt. Wenn man in 35 Grad heißer Luft den Atem anhält, kann man die Palmwedel rauschen hören – bis ein Tuk-Tuk um die verwitterte Ecke knattert.

Bei einem abendlichen Spaziergang auf den Festungsmauern – der dritte Spaziergang auf den Festungsmauern binnen eines Tages, weil man in Galle einfach nichts anderes machen kann – fällt der Entschluss das verschlafene Nest zu verlassen. Aus Rücksicht auf die Rentner wird in den moderat besuchten Restaurants mit Meerblick nicht einmal Alkohol ausgeschenkt, was die Abreise-Entscheidung erleichtert. Bemerkenswert befremdlich ist ein seltsames Schauspiel, dass die Wandervögel an ihrem Galle-Abend bestaunen können: Alle Amateur-Fotografen des Landes versammeln sich mit ihrer Ausrüstung in Küstennähe, um romatische Fotos von Paaren zu schießen. Ab ins Bett.