Big Thali. Urlaub 2015: Oma wird verheizt


„Opa ward verköfft“ ist fester Bestandteil des Ohnsorg-Kanons. In Varanasi hat – das wird frech unterstellt – niemand je von Henry Vahl gehört, so dass die Überschriftspointe voll ins Leere läuft. Seis drum. Dafür ist Varanasi, durch das der heilige Ganges fließt, extra heilig. Nur hier ist es möglich, dem endlosen Zirkel aus Geburt und Wiedergeburt zu entkommen. Wer will schon gerne als Kloputzer aus dem Leben scheiden, nur um mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in der Kloputzerkaste wieder aufzuerstehen? 


Daher sind entlang des Ganges treppenstufige Ghats angelegt. An einigen schüren emsige Arbeiter stets lodernde Feuer. Wer der Reinkarnation einen Riegel vorschieben möchte, lässt seinen Leichnam zu einem Ghat bringen, in den Ganges tauchen und anschließend auf einem kompakten Scheiterhaufen verbrennen. Gutes Holz, das in Klaftern meterhoch aufgeschichtet ist, kommt zum Einsatz, weniger Traditionelle können allerdingS mit der toten Oma auch ein „electric crematorium“ aufsuchen.

    
Auf den hochgradig zivilisierten und ordnungsrechliche Bedenken schürenden Urlauber wirkt besonders bedenklich, dass sich zwischen der Asche der Oma fröhlich Menschen waschen, oder zumindest ihre Schmutzwäsche mit ein paar Oma-Ascheflocken anreichern möchten. Da trocknen dann halt gehaltvolle Hosen und Halstücher in der Sonne. Einen Scheiterhaufen zu betreuen ist Berufung und nicht Beruf, so erklärt das zumindest ein Aktiver, der den Job voller Stolz seit 37 Jahren macht. Schön, wenn man gerne zu Arbeit geht.


Über die Heiligkeit hinaus ist Varanasi vor allem laut. Die unermüdlich hupenden Knäckebrotsägen in den engen schattigen Altstadtgassen, in denen neben Souvernierverkauf auch Haareschneiden und Yoga-Kurse möglich sind, rauben den letzten Nerv. Da sind die gefühlt 50 Rinder, die man an einem Tag in der Altstadt der „city of bulls“ trifft, doch deutlich angenehmere, weil zivilisiertere und berechenbarere Verkehrsteilnehmer. Überdies Ziegen, die von den Halbstarken in den heiligen Fluss geworfen werden und Straßenhunde, die über schlanke 45 Grad Mittagshitze alle ihre Instinkte verloren haben.

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