Insulanisch. Bali 2016: Affenalarm im Gulli

img_8869Um der touristischen Hölle von Legian zu entfliehen, buchen sich die Reisevögel einen Minivan nach Ubud, dem kulturellen Zentrum des Eilandes; denn was sollte auf die marodierenden Horden aversiver wirken als Kultur? Eben! Die gut anderthalbstündige Fahrt findet dann tatsächlich im Sardinenexpress statt. Wie voll die Gurke ist, illustriert der Umstand, dass der Fahrer unter Mithilfe der Fahrgäste knapp zehn Minuten benötigt, um das Gepäck zu verstauen und schließlich den Kofferraum zu verschließen. Nach einer erfreulich ereignislosen Tour in der Blechbüchse, während der der Fahrer verzweifelt versucht, Kurznachrichten zu verfassen und dabei des Öfteren den verkehrlichen Anschluss verpasst, gelangen die Wandervögel komprimiert ans Ziel.

img_8870Die größte Attraktion der 30.000-Einwohner-Stadt ist der heilige Affenwald. Eine Grünanlage, in der wohl um die 340 Affen leben. Die skeptischen Wandervögel hoffen, dass die Makaken ihrem Namen keine Ehre machen und schlagen sich ins Grün. Die tatsächlich idyllische Anlage ist durchzogen von zahllosen vermoosten Beton-Skulpturen; Frauenfiguren mit überdimensionierten Brüsten und Männern, die auf ihren riesigen Penissen durch den Urwald fliegen. Aber auch die Affen lassen sich nicht lange bitten, zudem man für einen kleinen Obulus Bananen erstehen und unter Zuhilfename des Personals zur fotogenen menschlichen Futterstation werden kann. Den Wandervögeln ist das freilich zu touristisch und sie erkunden auf eigene Faust die verwundenen Pfade der Tempelanlage.

img_8871An einem besonders idyllischen Fleck haben die Bauherren eine Zwei-Personen-Schaukel installiert, die die Wandervögel allsgleich positiv auf ihre Belastbarkeit testen. Nach kurzer Schaukelei wird es Wandervogel 1 zu doof, Wandervogel 2 hingegen genießt das Hin- und Herwiegen. So viel Amüsemang ist indes den Primaten zu wider. Ein besonders feistes Exemplar bespringt Wandervogel 2, der durch das vermeintliche Attentat allerdings lediglich belustigt ist. Zu abgebrüht ist er nach Besuchen in der thailändischen Affenstadt. Während Wandervogel 2 seine Weltreisegefährtin ermuntert, das putzige Schauspiel in seinem Nacken festzuhalten, sorgt sich diesee um einen günstigen Ausgang der animalischen Episode. Zu Recht, denn der olle Affe macht sich hinterrücks daran, den Rucksack des Wandervogels zu öffnen und sich mit dessen Geldbörse und Ausweispapieren einen unterhaltsamen Feierabend zu machen. Das folgende Spektakel wird eingeleitet von vergleichsweise wohlmeinenden Äußerungen wie „Hau ab!“ Und „Weg, weg!“ und kulminiert in einer hollywoodreifen Flucht durch den Urwald, bei der die Wandervögel von keifenden und die Zähne bleckenden Primaten verfolgt werden.

img_9722Um ausreichend Distanz zwischen sich und die possierlichen Tierchen zu bringen, mieten sich die Wandervögel ein Moped. Der Weg in die sattgrünen Reisterrassen des Umlands verkommt aufgrund des chaotischen Verkehrs zum Nervenspiel. Höhepunkt des eskapistischen Unterfangens ist ein Stopp, an den die Wandervögel ihren Kurs auf der Karte auf seine Richtigkeit überprüfen. Beim Wendemanöver kann Wandervogel 1 selbst dann nicht vom Gashebel lassen, als der Vorderreifen in einen offenen Abwasserkanal rutscht. In der Folge wird die Möhre dann kurzerhand darin versenkt. Geistesgegenwärtig greift Wandervogel 2 das Heck der versinkenden Honda und kann dieses schließlich unter Mithilfe umstehender – und sichtlich belustigter – Einheimischer bergen. Zur großen Überraschung aller springt die Möhre anstandslos an und die Wandervögel brausen davon. Eine Episode ohne Moral, aber eine weitere Erlebniskerbe in den Colts der beiden Weltenbummmler.

Insulanisch. Bali 2016: Das Mallorca der Anderen

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In Pubs von Legian hängen riesige Flachbildschrime, die australische Sportveranstaltungen übertragen. Kein Sport ist zu minderwertig, um nicht von den Unförmigen bejohlt zu werden, als wären sie vor Ort dabei. Fußball, Autorennen und die Krone des Schwachsinns: Pferderennen. Aus Anlass der Übertragung des Melbourne Cup schmücken die urlaubenden Bewohnerinnen der ehemaligen Strafkolonie ihre ausgeblichenen Dauerwellen mit schiefen Schleifen, während die ihnen Angetrauten – im besten Fall im Trägershirt, im Normalfall mit freiem, behaarten, tätowierten Oberkörper – das Kunststück vollbringen, mit einer Zigarrette im Mund Bier zu schlucken und gleichzeitig Obszönitäten zu johlen. Laute Speckwürste, so weit das Auge reicht, der moppelige Nachwuchs wird in doppelbereiften Karren durch die Straßen geschoben. Ergänzt wird diese Metzgerauslage durch die krebsroten australischen Schulabsolventen, die entweder lediglich mit Bikini oder Boardshorts bekleidet lässig durch die Straßen schlurfen und Punkte auf dem Hautkrebskonto sammeln.

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Die Wandervögel flüchten nach vorne und erkunden die Stadt, dessen Infrastruktur nach dem Muster Kneipe, Schnappsladen, Ramschhändler gewebt ist. Besonders beliebt in der Souvenir-Branche scheinen überdimensionale Holzpenisse zu sein, in dessen Hodensäcke Metallschlaufen gearbeitet sind. Außergewöhnliche Flaschenöffner, die sicher zur Grundausstattung eines jeden australischen Haushalts gehören. Ziel des Spaziergangs ist der örtliche Nachtmarkt, auf dem die Wandervögel zu schlemmen gedenken, verspricht der Reiseführer doch “heiße Leckerein direkt aus dem Wok, Gegrilltes und andere frische Speisen”. Vor Ort zeigt sich ein ernüchterndes Bild. Die sechs popligen unbesuchten Stände spotten der Beschreibung und lassen die Wandervögel unverspeister Dinge wieder abziehen.

img_9699Weitaus geschäftstüchtiger als die Nachtmarktbeschicker sind die Banken auf Bali. An jeder Ecke der Stadt finden sich Geldautomaten, die alle Karten akzeptieren, allerdings darf der Kunde für jede Transaktion den Gegenwert eines Bieres blechen. Verschmerzbar, wäre nicht das Abhebelimit auf 1.250.000 Rupien begrenzt. Mit 75 Euro kommt man nicht weit. Nach der Speisung in einem Lokal, das der Klientel entsprechend auch ein Kilogramm schwere gefüllte Teigfladen anbietet, kehren die Wandervögel in ihr Domizil ein, um den Abend bei lauschiger Stille auf dem Balkon ausklingen zu lassen. Doppelter Pustekuchen! Zum einen gibt die Hotel-eigene Live-Band eine sehr eigenwillige Interpretion von Bon Jovis Bed of Roses Hörprobe zum Besten. Im Anschluss stellt sich dann heraus, dass die in australischen Zimmernachbarn ihre Trinkfestigkeit heillos überschätzt haben. Während Bruce sich hemmungslos von der Brüstung des Balkons in die Grünanlage übergibt, fragt Jamie – immerhin im Trägershirt und mit lässig umgedrehter Baseballmütze auf dem Kopf – seinen Spießgesellen, wie es denn so schmecke, was er sich gerade erneut durch den Kopf gehen lässt. Gute Nacht.

Insulansich. Bali 2016: Weihnachtsgeschichte Reloaded

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Erwartungsgemäß steht das Begrüßungskommittee am Flughafen von Bali Spalier: schmierige “Taxifahrer”, die ihre Dienste anpreisen. Ein besonders widerwärtiges Exemplar, ob seiner schmalzfliegigen Klettigkeit von den Wandervögeln liebevoll “Schmalzi” getauft, will gar nicht mehr von ihnen ablassen – selbst als die beiden sich in einem Supermarkt verschanzen. Schließlich flüchten die das Chaos anziehenden Weltenbummler in die Arme eines geringfügig weniger schmalzfliegiegeen Fahrers. Kurz nach Fahrtantritt bemüht der den ältesten Trick der Welt: Das anzufahrende Hotel gäbe es am Standort nicht mehr. Es habe jetzt einen neuen Namen. Er schlägt vor, die Reisenden in einem Luxus-Resort abzusetzen (das diesem gerne eine Kommission zahlt). Aber nicht mit den Wandervögeln! Diese bestehen auf der ursprünglichen Destination, nur um vor Ort dann festzustellen, dass das Hotel der Wahl tatsächlich nicht mehr existiert. Der erste Indikator dafür, dass der ohnehin schwülstig geschriebene Lonely-Planet-Reiseführer tatsächlich so schlecht ist, wie die Amazon-Rezensenten warnten.

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Was folgt, ist eine spätabendliche Odyssee durch den Küstenort Legian, die Josef und Maria wie Jammerlappen aussehen lässt. Schließlich jedoch werden die beiden nach einer anderthalbstündigen Irrung unter 25 Kilogramm Vollgepäck fündig. Als letzten Akt der täglichen Tragödie machen sich die Reisenden auf in ein vom idiotischen Reiseführer für seine unverfälschte Küche und Reinlichkeit empfohlenes Resturant. Neben dem geschmackloseren kulinarischen Erlebnis und der mismutigen Bedienung sorgt dort vor allem eine im Etablissement umherirrende Maus für Zerstreuung – andere Länder, andere Hygiene-Standards. So bleibt den beiden nur, vorbei an zahllosen, ihre Taxi- und Massage-Dienste Anpreisenden und waghalsig manövrierenden Moped-Touristen, die Einkehr. Ein neuer Tag, eine neue Hoffnung.

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Der zweite Tag in Legian beginnt mit dem Klopfen und ungefragten Eintreten des Reinigungspersonals. Die Präsenz des im Zimmer stehenden, nackten und ob des Jetlags völlig verknitterten Wandervogels 2 reicht dem wohlmeinenden Balinesen, von seinem reinemacherischen Ansinnen abzusehen. Körpersprache funktioniert weltweit, wenn man sie so behrrscht, wie die Wandervögel. In glühender Hitze schicken sich die Wandervögel an, die Küstenstadt zu erkunden – alsbald stellt sich jedoch heraus, dass es sich nicht um das erhoffte tropische Strandparadies handelt. Von Tagesanbruch bis in die Dämmerung sind die engen Hutzelgassen von Legian bevölkert von mehr als vollfleischigen Australiern, die – wie sich bereits bei oberflächlicher Recherche herausstellt – Bali zu ihrem Mallorca erkoren haben.

Insulanisch. Bali 2016: One Night in Bangkok

img_9655Resturlaub verpflichtet, und so schicken sich die Wandervögel an, den Hattrick zu begehen. Nach Sri Lanka und Peru soll er über Bangkok nach Bali gehen, Destination der Flitterwochenreisenden mit idyllischen Stränden und süßem Nichtstun, und daher gibt es dann für die Daheimgebliebenen auch nichts zu berichten? Mitnichten! Denn die Leserschaft weiß, kein Idyll kann lange ein solches sein, wenn die Wandervögel auftauchen. Das zeigt sich bereits beim unseligen Zwischenstopp in München, wo Fluglinie Etihat recht schnelll durchblicken lässt, dass die Maschine zum zweiten Zwischenstopp Abu Dahbi heillos überbucht ist. Doch da die Wandervögel manchmal ja von der ultraschlauen und ultraschnellen Sorte sind, haben sie auch als erste ihre Bordkarten und ihre Plätze im Sack. Muss der Rest halt sehen wo er bleibt – im Zweifelsfall eine Nacht lang im ungastlichen Franz-Josef-Strauß-Flughafen.

img_9666Bangkok bleibt seinem Motto treu: Same same but different. Noch immer gibt es in der Khao San Road schöne T-Shirts zu Spottpreisen und die Einheimischen buhlen um Kunden für Massagen und Ping-Pong-Shows. Routiniert durchstreifen die Wandervögel ihren Kiez, wo mittlerweile das Novum des vergangenen Jahres, Kokosnuss-Eis aus der Kokosnuss, in den Mainsstream aufgestiegen ist. Der technische Fortschritt bricht sich Bahn, die Armbandflechterinnen holen sich ihre Inspiration von YouTube-Videos wiedergebenden Smartphones die am Bordstein lehnen. Davon ab liegt die seit knapp einem Monat verordnete Staatstrauer über der Stadt. Einheimische tragen kleine schwarze Schleifen oder Trauerflor, denn der allseits beliebte Bhumibol Adulyadej ist nicht mehr. Allgegenwärtig Kondolenzbücher und Displays, die Szenen aus dem Leben des Monarchen zeigen. Alles ist eitel.

img_9676Die Abgebrühtheit der Reisevögel rächt sich dann kurz vor dem Zubettgehen. Der Zeitpunkt, an dem die Händler ihre Waren einpacken und die Reisebüros ihre Türen schließen, erweist sich als moderat optimal, um sich einen günstigen Flughafen-Zubringer zu buchen. Schließlich will man weiter nach Bali. Nach fünf Anfragen müssen die Wandervögel in die hämische Fratze der Wahrheit blicken: Mini-Bus-Zubringer sind aus. So bleibt ihnen nichts anderes übrig, als in die saure Mango zu beißen und sich ein Taxi zum Flughafen zu bestellen. Der nächste Fehler, denn das für 550 Baht bestellte Taxi hat am Fughafen dann nur 200 Baht auf der Uhr. Aber wer die Musik bestellt, bezahlt die Musik. Merke: Rauswinken und Taxi mit Taximeter einfordern, ist der Weg der Wahl.

img_9684Der Weiterflug nach Bali ist dann Air Asia – dem asiatischen Pendent von Ryan Air – sei dank, ein echter Wandervogel-Flug. Die unvorhandene Beinfreiheit wird Wandervogel 2 zum Verhängnis, dessen vordere Sitznachbarin umgehend nach dem Abheben auf die Liegeposition ihres Sitzes pocht. Während der Bewegungsunfähige mit der Thrombose kämpft, trifft es Wandervogel 1 noch schlimmer. Vor ihr sind zwei unbeaufsichtigte hyperaktive indische Kinder geparkt. Nachdem die quäkenden Handyspiele zu langweilig geworden sind, experimentieren Pramod und sein Bruder Shayan ebenfalls mit den verstellbaren Sitzen, blöken und können sich auch in der anschnalllpflichtigen Landephase nicht auf den Sesseln halten. Mit einem beherzten Faustschlag sorgt Wandervogel 2 dann für Klarheit und zumindest in der Landephase für Ruhe in der Maschine. Zustimmendes Nicken von den Umsitzenden; selbst von der verhassten Vorsitzenden. Bali wir kommen!