Insulanisch. Bali 2016: Feucht-tänzerische Tempeltour

img_8925An ihrem letzten Tag im Paradies der urlaubswütigen Australier und der das Postkarten-Idyll suchenden Pärchen wollen die Wandervögel die verbleibenden balinesischen Sehenswürdigkeiten abklappern. Ein Fahrer soll die beiden zu den wassernahen Tempeln Tanah Lot und Uluwatu kutschieren. Allerdings liegen die beiden Sakralbauten denkbar ungünstig weit voneinander entfernt. Der am Vortag bei Vertragsabschluss noch so aufgedrehte Fahrer erweist sich während der Arbeit als angenehm wortkarg. In seinem quietschbund gemustertem Hemd und mit einer dekorativen Narbe im Gesicht, erinnert der Chauffeur Wandervogel 2 ein wenig an den kleinen Bruder von Tony Montana. Vor dem Bestaunen der ersten Anlage steht eine Wanderung durch eine vorgeschaltete Touristenfalle. Bude an Bude bieten die Einheimischen kitschige Bilder in Tupf-Technik, in chinesischen Fabriken “Hand”-Geschnitzes, gegrillte Maiskolben (Bei 36 Grad? Schon klar, ihr Knallfrösche!) und anderen Unsinn. Der Tempel selbst liegt – denkbar ungünstig, wenn die Mönche bei Einkaufen was vergessen haben – auf einer brandungsumspülten Insel. Vor dem Betreten bestehen die Einheimischen darauf, Touristen Reiskörner mit “heiligem Wasser” auf die Stirn zu kleben. Ihr Stilbewusstsein verbietet den Urlaubern jedoch solchen Kokolores.

img_8923Nach stundenlanger Fahrt kommen die Wandervögel schließlich beim Tempel von Uluwatu auf der Südspitze Balis an. Selbst für den moderaten Eintrittspreis gibt es hier erschreckend wenig zu sehen. An einer Steilküste entlang dürfen Besucher in der sengenden Sonne flanieren und sich von Meeresrauschen bedröhnen lassen. Die Zeit bis zum Beginn der den Tag beschließenden Tanzvorführung überbrückt der seine Lebhaftigeit in Teilen wieder gefundene Tony Montana Jr. mit Anekdoten. Zum Beispiel der Geschichte von “Mr. Werner” aus München, ein Rentner, den er wochenlang auf Bali umherfuhr und der ihn zum Dank für drei Wochen zu sich nach München einlud – all inclusive. Vor allem ob des Essens wurde die Reise in die zivilisierte Welt für Tony Jr. zum Abenteuer; was Mr. Werner ihm auftischte, waren Bretzel mit Radi und die urbayerische Kost wollte seinen Schläuchen gar nicht so recht bekommen. Same same, but different.

img_8922Inmitten eines überfüllten Amphitheaters wird anschließend eine schwer nachvollziehbare Geschichte tänzerisch im Kecak-Stil vermittelt: Während der Mann auf die Jagd nach einem goldenen Hirsch gehen muss, wird seine Frau von einem Bösewicht entführt und später von einem Affen, der zwischenzeitlich angezündet werden soll, wieder befreit. Statt das von einem Kreis Grunzlaute raunender barbrüstiger Männer umgebende Spektakel zu betrachten, zieht ein Großteil der Zuschauerschaft es vor, es mit ihren Mobiltelefonen zu filmen, um es anschließend bei Facebook zu veröffentlichen. Höhepunkt des Schauspiels ist schließlich, wie der Darsteller im Affenkostüm unkontrolliert brennende Benzin-getränkte Faserknäule durch die Gegend schießt. Leider erwischt er dabei keines der idiotischen Wurstgesichter, die sich eine Viertelstunde von Ende der Veranstaltung durch die Ränge quälen, um nicht im Stau stehen zu müssen.

img_8926Den am Folgetag stattfindenden und wie üblich brutal beklemmenden Air-Asia-Rückflug auf das thailändische Festland findet sich Wandervogel 2 neben einer zwangsgestörten Endzwanzigerin wieder. Gestoppte drei Stunden des vierstündigen Fluges verbringt sie damit, hemmungslos an ihren bereits bis auf das Bett abgenagten Fingernägeln zu kauen. Völlig in sich selbst ruhend begutachtet sie ihr zerkautes Werk, bevor sie doch noch ein Fitzelchen findet, das abgenagt werden könnte und macht sich wieder an ihre selbstverletzende Tätigkeit. Ein leichtes Sedativum vor Flugantritt kann Wunder wirken. Doch solche Lästerlichkeiten bleiben nicht ungesühnt… die preisbewussten Wandervögel verweigern dem rotzfrechen Taxifahrer am Flughafen die geforderten 800 Baht, und steigen lieber in den 40 Baht teuren Bus – nur um zwei Stunden im feierabendlichen Verkehrschaos von Bangkok zu verschimmeln. Karma is a bitch.

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