Mzungu. Ostafrika 2018: Tragbare Infrastruktur

Nach einem Frühstück mit Seeblick machen sich die Wandervögel auf den Weg nach Buhoma, wo der affige Traum von Wandervogel 1 in Erfüllung gehen soll. Vorbei an den Wellblechverschlägen, zwischen denen der Markt für Kohl und Kunsthandwerk das öffentliche Leben vitalisiert, geht es zurück auf die Schotterpiste des Grauens. Überhaupt scheint sich tagsüber das Leben außer behäusig abzuspielen; verständlich gleichen doch die Hütten, in die die Wandervögel Einblick nehmen können, eher Verschlägen.

Die Ermangelung von für Westeuropäer selbstverständlicher Infrastruktur bestimmt den Tagesablauf in den ländlichen Gebieten des Landes, durch die die Wandervögel mit besserer Schrittgeschwindigkeit buckeln. Sobald die Körperbeherrschung es zulässt, schleppen selbst die Kleinsten einst orangene und mittlerweile blassgelbe Jerrycans mit Trinkwasser hinter sich her. Zu dürren Bündeln gebundene Äste sollen zusammen mit Holzkohle den geziegelten Herd befeuern. Wer nicht zum Palavern zusammensteht, der zieht oder schiebt ein Fahrrad mit irgendetwas, das bei den Wandervögeln daheim frei Haus geliefert wird.

Ob es an mangelnder Aufklärung, motivierenden Worten des Priesters oder einfach Spaß am ungeschützten Geschlechtsverkehr liegt – die Dörfer sind voller Kinder. Aus der Not eine Tugend machend, wissen diese sich ihre reichlich vorhandene Freizeit auch ohne Smartphone zu vertreiben. Hoch im Kurs steht der Klassiker „Stock und Reifen“. Statt um einen Fußball balgen sich die Kleinen um ein Knäuel aus Plastiktüten, das durch Plastikfolie zusammengehalten wird. Wenn alle Stricke reißen, weiß sich der Nachwuchs damit zu beschäftigen, den Klängen zu lauschen, die eine gegen einen Stein geschlagene PET-Flasche macht.

Während die Unter-Dreijährigen beim Anblick der Wandervögel bedingungslos freudestrahlend winken, verbindet die Kohorte der Drei- bis Achtjährigen das winkende Lächeln mit der Forderung nach Schokolade oder Geld. Bleiben beide unerfüllt, fangen sich die Wandervögel schon mal einen Tritt gegen die Stoßstange ein, in dem sich die kindliche Unzufriedenheit über die Gesamtsituation im Allgemeinen entlädt. Ältere Semester tragen bisweilen Anzug, doch statt aktueller Schnitte dominieren Moden, die in der westlichen Heimat in den Achtzigern dem Roten Kreuz übergeben wurden. Beeindruckend das Flickwerk, mit dem die Kollektionen noch immer zusammengehalten werden. Das hätte kein Verkäufer von Hertie und C&A je zu versprechen gewagt.

Bei all den Reizen sind die Wandervögel derart abgelenkt, dass sie blind den Anweisungen des Navigationsgeräts folgen, das sie schnurstracks und ohne Wendemöglichkeit in ein Bergdorf führt. Ende im Gelände. Ein freundlicher Anzugträger weist den Wandervögeln den offensichtlichen Rückweg. Flugs auf dem Dorfplatz gekehrt und ab dafür. Zurück auf der Hauptstraße unterbricht ein „Road Closed“-Schild die rumpelige Reise. Freundlich winkt ein Ordnungshüter und lädt die Wandervögel zum Plausch.

„Herzlich Willkommen in Uganda!“, sein Blick schweift über das Innere des Wagens, um wie die Hexe aus dem Märchen abzuschätzen, ob Hänsel und Gretel schon schlachtreif sind. Mit von Geilheit starrem Blick fragt er, woher sie her kommen, wohin sie wollen, wie es ihnen gefällt? In einfachstem Satzbau aber voller Pathos jubeln die Reisenden, dass sein Land ja total super sei. Kein anderer Ort auf der Welt käme ihm gleich. Ganz, ganz famos. Die Darstellung der beiden Laien scheint voll ausreichend, so viel überschwängliche Freude befeuert seinen Nationalstolz derart, dass er die Wandergänse nicht ausnehmen mag. Dann eine gute Fahrt. Aber immer schön Schrittgeschwindigkeit.

Mzungu. Ostafrika 2018: Waisenhaus mit Seeblick

Bevor der Wecker die Wandervögel aus den Träumen schrecken kann, übernimmt das Hotelpersonal die undankbare Aufgabe. Zu Hämmern, Dengeln und Sägen schlüpfen die Wandervögel aus dem Moskitonetz und schlurfen zu ihrem Frühstückstisch mit Seeblick. In fetzigen T-Shrits und zerlumpten Hosen schleppt ein vierköpfiger Barfußtrupp Baumstämme von einer Seite der Straße auf die andere, während die Kollegen zusammen mit nach essbarem suchenden Schweinen auf der offenen Müllkippe am Berghang nach Verwertbarem suchen.

Nach der Stärkung kraxeln die Reisenden durch die Serpentinen, um den vermeintlich wundervollen Blick über den Lake Bunyonyi und dessen 29 Inseln zu genießen. Der Aufstieg führt durch mehr oder minder koordiniert bewirtschaftete Terrassen, auf denen Bananen und Kohl zu wachsen versuchen, Frauen schwungvoll mit der Hacke den Boden umgraben, während der Nachwuchs auf einem Lappen sitzend den Wandervögeln mit großen Augen zuwinkt. Durch die Gitter des „Little Angels“-Waisenhauses dringen indigene Kindergesänge; Idyll mit Plastikmüll. Still ruht der See.

Um die unfassbare Schönheit des Lake Bunyonyi besser erfahren zu können, unternehmen die Wandervögel eine Bootstour. Einsilbig erläutert der Fahrer die wundervollen Geschichten hinter der kleinsten Insel des Sees (schwangere Teenager wurden bis zum Hungertod ausgesetzt), der größten Insel des Sees (Leprakranke wurden entsorgt). Die Bootsfahrenden lassen die „Ninja-Warrior-Insel“ mit Klettergarten links liegen und entscheiden sich zu einem Besuch auf der Zoo-Insel, wo Wandervogel 2 tatsächlich im Nieselregen die dort ausgesetzten Zebras und Wasserböcke vor die Linse bekommt.

Als letzte und einzig verbleibende Tagesaktivität unternehmen die Wandervögel einen Ausflug in den Ort. Umgehend werden sie von einem Einwohner in Empfang genommen, der sich ungefragt als Tourguide anbietet und munter drauflosplappert. Wichtig für die Dorfgemeinschaft sei es, dass sie Unterstützung erführe, um all die Waisen zu ernähren und ihnen eine Zukunft zu ermöglichen. Schwupp-di-Wupp finden sich die Wandervögel in einer Wellblechhütte voller unansehnlicher Andenken wieder, deren kunsthandwerklicher Wert eher enttäuscht.

Der nächste Stopp führt zum Industriegebiet. Mit einer Trennhexe und unerkennbarer Absicht bearbeitet der einzige Industriearbeiter des Ortes eine auf dem Boden liegende Stahltür. Aufgeregt deutet der Tourguide auf eine 200 Meter Gebüsch überspannende Wäscheleine. An dieser sollen am folgenden Markttag allerlei großartige regionale Produkte angeboten werden. Allen voran Kunsthandwerk, Bananen, Tomaten und Weißkohl. Besonders auf letzteren sind die Wandervögel total gespannt.

Schließlich deuet der ungefragte Führer auf eine weitere zerbeulte Hütte, die die Möglichkeit bietet sich in das Gästebuch der Dorfgemeinschaft einzutragen. Mit der Eintragung einher ginge dann eine großzügige Spende, weil es mit dem Kohl und den Bananen gerade nicht so liefe. Außerdem seien da ja auch die Waisen, die man quasi-adoptieren könne. Für nur 25 Dollar im Monat zuzüglich Weihnachtsgeld würde ein Waise der Wahl dann regelmäßig Bilder malen, die den Quasi-Adoptiveltern per E-Mail nach Hause geschickt würden. Aufgrund ihrer Zweifel an der Tauglichkeit der digitalen Infrastruktur winken die Wandervögel jedoch ab.

Mzungu. Ostafrika 2018: Willkommen im echten Afrika

Bei Einbruch der Dämmerung – die Wandervögel hätten längst angekommen sein sollen – weist die GPS-Navigationshilfe zum Abbiegen von der Hauptstraße. Die Kegel der Scheinwerfer fallen auf eine von Kratern durchzogene Schotterpiste, die das pockennarbige Gesicht von Jürgen Prochnow wie einen Babypopo anmuten lassen. Vor den Wandervögeln liegen die längsten acht Kilometer ihres Lebens, für dessen Bewältigung sie eine Stunde benötigen. Alles, aber auch alles Schlechte, was man über die „Straßen“ in Uganda hört ist wahr. Tatsächlich ist alles noch schlimmer. Unfassbar schlimm geradezu.

Da am Ende immer alles gut wird, kommen die Wandervögel schließlich im Jambo-Resort an – Namen, die man sich nicht platter hätte ausdenken können; möchte man meinen, doch bedeutet das auf Swahili „Moin“. Das Personal springt im Karree, mit dem Ankommen der Wandervögel gibt es endlich was zu tun! Hier der Begrüßungssaft, dort die Speisekarte, was darf es sein? Der Koch freut sich schließlich den ganzen Tag auf Kundschaft. Ziege? Leider aus. Frischer Fisch? Ach, sicher morgen wieder. Hähnchen? Klaro, zwei Hähnchen!

Nach anderthalbstündiger Zubereitungszeit hat der Maitre sein Werk vollendet: Für jeden Vogel eine dürre Keule in einem Meer aus Kartoffelvierteln. Ob Mayonnaise denn gewünscht sei? Ja, gerne! Ach, Entschuldigung, Mayonnaise kommt erst morgen wieder. Der Busch hat sein eigenes Timing. Den Rest des Abends verbringt der Jambo-Chef damit, die Wandervögel darüber aufzuklären, dass es keinesfalls ein Afrika gäbe. Tatsächlich gäbe es nach seinem Ausführungen ein Pillepalle-Afrika (hier: Südafrika und angrenzende Länder) und *the real Africa*, in dem sie sich gerade befänden. Der Stolz der Underdogs.

Besonders stolz ist der Hotelier auf eine körperliche Abnormität. Mit den Worten „I carry Africa with me all the time“ springt er in einem hohen Satz durch den Raum und landet neben dem Sessel in dem Wandervogel 2 bereits döst. Mit irren Augen blickt er den Reisenden an, tippt sich hektisch auf die Schläfe und ruft fortlaufend „Look! Here! Africa!“ Dank seiner immensen Auffassungsgabe und schier unermesslichen Fantasie ist der Wandervogel in der Lage, in der grauen Schläfe des Gastgebers die Umrisse des afrikanischen Kontinents zu erkennen.

Wie um die Eigenarten des echten Afrikas zu bestätigen, gehen die Lichter aus. Der Hotelhund, eine wadenbeißende Pudeltöle, an deren Zeugung augenfällig auch ein Rosettenmeerschwein beteiligt war, ist durch den Stromausfall derart agitiert, dass sie sich in einen Kläffanfall hineinsteigert. Das Kerzen anzündende Personal reagiert routiniert und versichert den Reisenden, dass es keinen Grund zur Sorge gäbe. Auch keine Gedanken müssten sie sich um warmes Wasser, Internet oder kühle Getränke machen. Na dann gute Nacht.

Mzungu. Ostafrika 2018: Die Queen bei Tempo 30

Vor den Wandervögeln liegt ein Fahrtag und die erste Belastungsprobe für den allrädrigen Gefährten. Knapp 400 Kilometer gilt es zu überwinden, um die vermeintliche Schönheit des Bunyonyi-Sees in Augenschein nehmen zu können. Nach einem Frühstück am See und flüchtigen Vogelbeobachtungen zu Classic-Rock geht es los. Der erste Stopp ist das örtliche Einkaufszentrum, wo die Reisenden unter den kritischen Augen des karabinerbehängten Militärs 1.000.000 der Landeswährung Schilling aus dem Bankomaten ziehen. Tatsächlich ist das Supermarktpersonal bereits mit 50.000er-Scheinen überfordert, denn Wechselgeld für 12,50 Euro muss erst beschafft werden.

Die flicklich wachsende Autobahn wird irgendwann zur Bundesstraße, an dessen Seiten sich sporadisch Siedlungen bilden. Deren immer gleiche Struktur gleicht der klassischen Westernstadt: Friseursalone mit kecken Namen wie „Boys2Men“, Schlachter mit freihängenden Rinderteilen, Gemüsehändler mit kunstvoll aufgeschichteten Warenpyramiden, Allesverkäufer mit einem breiten Portfolio aus China-Schrott. Wenn es gut läuft, eine Bank, wenn es richtig gut läuft, eine Videothek. Die Jugend hängt lässig beim Moped-Treff ab, die Alten schieben die mit Wasserkanistern beladenen Fahrräder den Straßenrand entlang.

Um den kostbaren Strom nicht zu verbraten, werden die Öfen mit Kohle befeuert. Darauf Dinge aus Ei, Gemüse und Teigfladen – Rolex; am Sonntag ein Ziegeneintopf. Mit ihren blonden Locken und der weißen Haut sind die bei Tempo 30 durch die Ortschaften knatternden Wandervögel eine den dörflichen Alltag bereichernde Attraktion. Rotznasige Mini-Menschen in Schuluniformen winken, was die Handgelenkchen hergeben und die Wandervögel lassen sich nicht lumpen und winken freundlich lächelnd zurück. Nicht exzessiv, sondern huldvoll und gediegen, wie es sich für die Nachfahren der Kolonialherren gehört.

Alsbald stellt sich jedoch heraus, dass die Routenplanung allzu optimistisch kalkulierte. Der Vorschlag der GPS-Intelligenz ließ örtliche Gegebenheiten außer acht. Vor allem, dass die maximal dreispurige endlose Straße von Verkehrsberuhigungen durchzogen ist, die alle paarhundert Meter das letzte bisschen Verkehrsfluss zerstören. Gelangweilte Polizisten etablieren Straßensperren mit Nagelbetten, lesen Zeitung am Wegesrand und verfolgen, wie ihr niederträchtiges Werk den Verkehr auf der Landstraße stört. Den Rest besorgen die mit Überseecontainern beladenen Diesel, die bei jeder Steigung auf Tempo 10 abbremsen.

Angesichts des nahenden Sonnenuntergangs, drängt Wandervogel 2 zur Eile und die Fahrerin lässt sich zu einem folgenreichen Überholmanöver verleiten. Fröhlich winkend bedeutet der Dorfsheriff in der der nächsten Kurve, dass er sich über einen kurzen Plausch mit den Reisenden freuen würde. „Welcome to Uganda“ heißt er die beiden willkommen, woher sie denn kämen, wohin sie denn wollten, das werte Befinden, jaja, soso. Auch übrigens, es gäbe da ein klitzekleines Problemchen. Sein Kugelschreiber deutet auf die Zeile eines Formulars, das mit den Worten „Reckless Speeding“ beginnt und mit dem Zahlenwert „200.000“ endet.

Ob er jetzt kurz das Verfahren erläutern dürfte. Die Wandervögel führen nun bitte 40 Kilometer zurück ihres Weges und zeigten dann bei der Polizeistation einen Zettel vor. Im Anschluss dann bitte freundlicherweise dort die vermeintliche Schuld begleichen und mit der Quittung wieder bei ihm vorstellig werden. Volles Verständnis seinerseits, dass dies der Tages- und Routenplanung völlig zu wider liefe, aber schließlich habe er sich ja auch nicht regelwidrig verhalten. Nach einer längeren Pause fragt Wandervogel 2, ob sich – angesichts der fortgeschrittenen Tageszeit – die Angelegenheit nicht auch *anders* beilegen ließe.

Die ernsten Züge des Staatsbediensteten weichen auf, Verständnis vertreibt die Härte des Gesetzes. Was die Wandervögel denn vorschlügen, um die Angelegenheit aus der Welt zu schaffen? Geistesgegenwärtig und den Ernst der Lage erkennend verwirft Wandervogel 2 seinen Plan, dem korrupten Schwein in Uniform ein Lakritz-Bonbon anzubieten. Dieser tut derweil proaktiv kund, dass man gegen Zahlung von 100.000 Schilling – angesichts der Schwere der unbeweisbaren Tat, ein Schnäppchen – die Weiterfahrt angehen könne. Allerdings, so schränkt er ein, würden die Reisenden dann auch keine Quittung erhalten. Machen wir dann mal so, Officer.

Mzungu. Ostafrika 2018: Niemand hat die Absicht, einen Kreisverkehr zu errichten

Mit entklebten Augen begutachten die Wandervögel, wohin es sie des Nachts verschlagen hat. Ein See, ein Wald und Mangomarmelade entschädigen für die Strapazen der taglangen Anreise. Just als Wandervogel 1 in ihre Rühreistulle beißen möchte, bedeutet das Personal dieses Vorhaben abzubrechen. Besuch für die weiße Frau sei erschienen. Verärgert über den aufzuschiebenden Eibrotgenuss entgegnet sie, dass dieser eigentlich erst hätte später erscheinen sollen – aber der schwarze Kontinent hat seine eigene Zeit; ausnahmsweise geht die Uhr mal vor.

Michael bringt den Mietwagen, einen verstaubten und verkratzten 4×4-Toyota, der die Reisenden heil durch das Land bringen soll. In einem sorgfältig einstudierten Monolog betet Michael die allgemeinen Geschäftsbedingungen und örtlichen Gepflogenheiten herunter. Die Wichtigste: Das Fahrzeug anhaltende Polizisten solle man auch grundlos unterwürfig um Vergebung bitten und als Zeichen von Reue und Demut 10.000 Schilling zustecken. Maximal 20.000 Schilling, darüber hinausgehende Zuwendungen gehörten sich nicht. Gut merken lässt sich dieser Betrag, weil auch ein Reifenwechsel mit bis zu 5 Euro zu Buche schlägt.

Das unspektakuläre Tagesprogramm sieht einen Besuch im 45 Kilometer entfernten Kampala vor, denn in der Landeshauptstadt warten die arschteuren amtlichen Dokumente, ohne die ein Besuch bei den Gorillas nicht möglich ist. Entgegen der vielfach kolportierten Aussage, die ugandischen Straßen wären „perverse Schotterpisten“, erweist sich zumindest die Strecke zwischen Entebbe und Kampala als hervorragend ausgebaut – oder besser: als im Ausbau befindlich. Unvermittelt wird der Verkehr auf die Gegenspur geleitet, die GPS-Navigation fordert fortlaufend zum Einfahren in und Verlassen von Kreisverkehren auf, die sich bestenfalls in der Planung befinden.

Am Bundestraßen-Straßenrand tobt das gesellschaftliche Leben, oder besser: der kleinunternehmerische Einzelhandel. Sorgsam zu Pyramiden gestapelte Orangen, Berge von Kochbananen und Süßkartoffeln sowie Maniok, Maniok und Maniok – die geschmacklose Grundlage der lokalen Cuisine. Als Kilometermarker fungieren schwelende Abfallberge, in denen zerzauste Marabus wie demente Alte umherstolzieren und den vergessenen Weg nach Hause suchen.

Dazwischen Ziegelmanufakturen; Lehmklumpen aus Holzformen schüttelnde Arbeiter, die ihr Tagewerk nach dem Trocknen in der Sonne zu pyramidalen Bauwerken aufschichtenund und diese schließlich mit dem letzten bisschen Feuerholz der Umgebung in Brand zu stecken, um ihnen die letzte Feuchtigkeit auszutrieben. Willkommen im Freilichtmuseum. Und auch eine Werkstatt ist hier noch eine Werkstatt, hier wird der Motorraum noch mit Waschbenzin gewaschen und das Öl auf dem Lehmplatz abgelassen. Gut ist was funktioniert.

Was indes so gar nicht funktioniert, ist der Verkehr im zu schnell gewachsenen Kampala. Einmal in der Stadt gefangen, geht nichts mehr. Des einen Leid,des anderen Freud‘: Straßenhändler offerieren den Wandervögeln Heckenscheren, Gummimatten zur Einlage in Dusche und Bad, Toilettenpapier, Handtücher, Badelatschen – Sanitärprodukte als Leitmotiv. Schwach werden die Wandervögel schließlich, als ein fliegender Händler USB-Ladegeräte für den Zigarettenanzünder anbietet. Den überzogenen Startpreis weglachend, entspinnen sich hunderte Meter währende Preisverhandlungen, während derer der Händler neben dem Wandervogel-Mobil hertrabt. Auch die Mitleid-Masche beherrschen die Eingeborenen, wenn die mittlerweile die Hälfte ihrer Extremitäten verlorene Almosen-Oma im Rollstuhl durch Stop-and-Go geschoben wird.

Die Dependence der Ugandan Wildlife Authority entpuppt sich als die schwerbewachte Stallung des Amtsschimmels. An fünf Schreibtischen sitzen fünf Damen die zunächst einmal „nicht zuständig“ sind und Wandervögel auf die Warteplätze verweisen. Womit das Personal beschäftigt ist, zeigt ein flüchtiger Blick auf die eifrig geführten handschriftlichen Notizen: Uni-Hausaufgaben. Selbst der eigentliche Verwaltungsakt, die Herausgabe vorab bezahlter Erlaubnisscheine, zieht sich dann eine gute Stunde hin; allein ein Viertel davon geht für das Herauskramen der Belege aus dem Archiv drauf. Wandervogel 1 macht sich keine Aussichten hier in ihrer Profession arbeiten zu können: „Wer so arbeitet, der kann kein Burnout kriegen.“