Mit von Schnodder prall gefüllten Nebenhöhlen brechen die Wandervögel am vierten Urlaubstag zu den legendären Höhlenwohnungen von Langenstein auf. Der vermeintliche Weg führt durch von AFD-Plakaten mit Pimmel-Sörens Konterfei gesäumten Kopfsteinpflaster-Gassen vorbei an frei zugänglichen Kaninchenställen mitten ins Nirgendwo. Im zweiten Anlauf werden die Wandervögel fündig, beschließen jedoch die miserabel ausgeschilderte provinzielle Sehenswürdigkeit rechts liegen zu lassen – sind doch die in Stein gehauenen Behausungen von silberlockigen Rentnern überlaufen. Die Sache mit den winzigen Wohnungen hat hier scheinbar lange Tradition.
Als Ersatz soll ein Waldspaziergang herhalten und die Crew düst in die Ödnis um Halberstadt. Der Eingang in die Wildnis der Klusberge liegt hinter einem Seniorenstift. Vorbei an der legendären Ypsilantiquelle marschieren die Vögel mit schnarchendem Küken auf dem Rücken durch die Botanik zum Fünffingerfelsen. Nach dem Aufstieg erweist sich die Sandsteinformation bei näherer Inspektion als komplett geschändet. Über Jahrzehnte haben mitteilungsbedürftige Pennäler ihre sinnfreien Botschaften und Daseinsbekundungen in die Oberfläche geritzt. Dem Naturerlebnis weiter entgegen steht das nahe Halberstädter Industriegebiet, dessen unablässiges Rumoren den Waldspaziergang begleitet.
So beschließen die Wandervögel denn die kaputte Natur sich selbst zu überlassen und sich der Fachwerksfaszination von Quedlinburg hinzugeben. Skeptisch macht hier der weitgehende Verzicht auf Parkraumbewirtschaftung. Tatsächlich ein Baustein der Aktivierung, denn die mittelalterliche Stadt schrumpft sich kaputt. Alles was eine Zukunft jenseits des Tourismus sucht, macht sich auf die Socken. So proklamiert es der Stadtführer, der seinen Tross an den Wandervögeln vorbei lotst und dabei mit einer Quedlinburger Erfindung von Weltrang prahlt: den hochklappbaren Bürgersteigen. Er setzt noch einen drauf: Wenn Sie hier auf der Straße nach 18 Uhr tot umfallen, werden Sie erst am nächsten Morgen gefunden.“
So kopfsteinpflastert das Trio vorbei an Gastronomie, die sich des weltbesten Käsekuchens rühmt, Museen, die Dampfmaschinen in Nussschalen ausstellen und zur großen Verwunderung auch einem Innenausstatter mit geschmackvollem Angebot. Bei der Einkehr in der lokalen Gastronomie scheint jedoch wieder deutlich die unterstellte Beschränktheit durch. Das Lokal Ruinen Romantik legt im Aushang großen Wert auf 3G, während das Personal sich nicht darum schert, den G-Status der Gäste zu überprüfen oder sie für eine Nachverfolgung zu registrieren. Die Lösung findet sich bei genauerem Hinsehen, denn hier steht 3G für Genuss, Geselligkeit und Gute Laune. So viel Lebensfreude wirkt fast ansteckend.