Wer wenig hat, muss aus allem was machen. So denken die Menschen in Thale und setzen voll auf die Mythenkarte. Die sticht auch die Wandervögel, die ihre Gurke inmitten einer Industriebrache parken und sich durch Peter‘s (sic) Freizeitwelt-Imperium kämpfen. Brav widerstehen sie dabei allerlei kulinarischer Versuchungen, die ihnen die bis dahin unbekannte Pfifferlingszeit mit sich bringt. Vorbei an Seniorenwohnpark und Klettergarten wird das Trio in der menschenleeren Schalterhalle der Kabinenbahn vorstellig. Auf geht es zum Hexentanzplatz, wo – so dass vollmundige Versprechen der hiesigen Marketing-Blitzbirnen – im Harz der Teufel los ist.
Der Hexentanzplatz zeigt sich den Unvorbereiteten weniger als Platz, denn vielmehr als weitläufiges Erlebnis-Areal, in dem es nichts ohne Hexen gibt: Ein Hexenparkplatz, Hexengolf und ein auf dem Kopf stehendes Hexenhaus. Das Arrangement aus Homunkulus, Pimmel-Teufel und Arsch-Hexe. Hexenpommes, Hexenburger und Hexennippes – ein unsäglicher Karneval als befände man sich am Königssee. So umzirkeln die Wandervögel das Areal und werfen Blicke in den Wald, der auf andere eine hypnotische Wirkung ausübt. So bittet eine Vettel die Wandervögel freundlich aber bestimmt, die Unterhaltung mit dem Wanderküken einzustellen, denn diese würde nicht zu der Tonspur des Videos passen, dass sie mit ihrer Kompaktkamera aufzunehmen gedenke. Waldvideos: Momente für die Ewigkeit.
So gondeln die Unerwünschten gen Tale und widerstehen angesichts der Retraumatisierung der Versuchung, einen Besuch in das DDR-Museum zu unternehmen, zu dem ein schwarz-rot-golden lackierter Trabant am Wegesrand einlädt. Sie kehren Thale den Rücken und nehmen Kurs auf ein Wunderwerk der Ingenieurskunst, Titan RT. Hinter dem martialisch-nichtssagenden Namen verbirgt sich eine lange Hängebrücke, die die Wandervögel zu inspizieren planen. Der Parkplatz lädt zu einem Wechselbad der Gefühle. Während die hoch-moderne Parkraumüberwachung unter Angabe des Nummernschilds begrüßt, verlangt die Klofrau von der bedürftigen Wandervögelin einen sportlichen Euro für die Benutzung der Bedürfnisanstalt. Begründung: Es würde ja auch gereinigt. Was für eine Schwarzgeldquelle.
Die Titanbrücke begrüßt die Wandervögel mit Furchtbarkeit. Aus den Lautsprechern entlang des Geländers plärrt „I promised myself“ gefolgt von „My heart will go on“. Den eigentlich Todesmutigen schlackern die Knie. Doch wer bezahlt hat, dreht nicht um. So geht es die Aussicht genießend flott über die Talsperre der Rappbode, begleitet von den Schreien vereinzelter Wagemutiger, die das angeschlossene Bungee- und Ziplining-Angebot nutzen. Der Heimfahrt in das Schuhkarton-Appartement entgegen steht der linke Außenspiegel des Wandervogel-Mobils: Kurzerhand beschließt dessen Scheibe, nichts mehr mit der Halterung zu tun haben zu wollen. Der Blitzreflex der Reiseleitung reicht aus, sie vor dem Splittertod zu bewahren. Pattex sei Dank, bleiben die Verfolger im Blick.