Das Powkiddy X55 als Retro-Gaming-Konsole


Nach nicht einmal einer Woche Anreise kommt das Powkiddy X55 aus China an. Im Vergleich zu seinem Vorgänger – dem Anbernic RG 351V – ist es trotz größerer Abmessungen erstaunlich leicht. Das verwendete Plastik macht einen billigen Eindruck – ein Magnet für Fingerabdrücke – ebenso der Aufdruck auf der Rückseite. Kurz: Der Erstkontakt ist ernüchternd.

Bei näherem Hinsehen mutet die Platzierung der Knöpfe seltsam an. Die für die Regelung der Lautstärke sind seitenverkehrt angeordnet. „Start“ und „Select“ so weit außen, dass sie schwer drückbar sind. Aus ergonomischer Perspektive – und deshalb ist das Ding hier ja eingezogen – wäre auch bei der Platzierung der übrigen Knöpfe Luft nach oben gewesen. Einen Regler für die Helligkeit gibt es nicht. Allerdings lässt sich das – im Gegensatz zur Switch – mit Tastenkombinationen erreichen.


Auch der Lieferumfang enttäuscht – ein USB-C-Kabel zum Aufladen und das war es dann auch. Zumindest eine Display-Schutzfolie hätte es schon sein dürfen – so macht es zumindest Mitbewerber Anbernic vor. Ein Kabel oder Adapter zum Anschluss an einen Bildschirm (mini HDMI nach HDMI) spart sich PowKiddy ebenfalls.

Die beiden MicroSD-Karten stammen – gemäß Erwartung – von einem NoName-Hersteller („SEAPIY“). Sie lassen sich am Mac lesen und beschreiben. Auf der ersten Karte befindet sich das Betriebssystem. Powkiddy setzt auf die Linux-Distribution JELOS in der Version 231029 (knapp zehn Monate alt). Während sich RetroArch um Verwaltung der Emulatoren kümmert, kommt als Launcher EmulationStation zum Einsatz. Das alles passt gut zusammen. Allerdings ist das JELOS veraltet und wird nicht weiterentwickelt.


Auf der zweiten NoName-Karte finden sich 125 Ordner mit ROMs für dutzende Systeme. Unverständlich, warum ausgerechnet der snes-Ordner leer ist, während sich in Ordnern anderer Nintendo-Systeme Spiele finden. Wichtiger als die ROM-Ordner ist der BIOS-Ordner mit den Startdateien für die zu emulierenden Systeme. Angesichts der ungewissen Lebensdauer des Speichermediums sollte man diesen umgehend sichern. Im BGM-Ordner finden sich die Melodien, die nach dem Start des Launchers vor sich hindudeln. Der bezels-Ordner schließlich enthält Grafiken, die zum Einsatz kommen, wenn das Bildseitenverhältnis von emuliertem System und Hardware sich wesentlich unterscheidet – schöner als schwarze Ränder.

Beim ersten Testlauf zeigt die Hardware-Merkwürdigkeiten. Wird ein Kopfhörer im Betrieb abgezogen, bleiben die Stereo-Lautsprecher stumm. Stecke ein Ladekabel im Gerät, lässt sich dieses nicht einschalten.


Schließlich jedoch bekommt man hier viel Emulator fürs Geld (10 US-Dollar Rabatt mit dem Code „powkiddy“). Ein besseres Gehäuse, mehr Leistung für Dreamcast & Co. oder ein größerer Bildschirm treiben die Kosten in Dimensionen, in denen ein Steam Deck bald als sinnvollere und potentere Investition erscheint.

Und nun kommt die Arbeit:

An einem verregneten Wochenende wird das JELOS durch ROCKNIX abgelöst. Anschließend geht es durch die Konfigurationshölle… WLAN-Verbindung einrichten, GUI mit Bezels und Theme anpassen, Emulatoren tunen, Bluetooth-Controller koppeln, mit dem RetroAchievements-Konto verkuppeln, ROM-Sets zusammenstellen.

Zum Glück gibt es auch für dieses Gerät einen umfangreiche Bastel-Anleitung auf retrogamecorps.com.


Ach… die dazu gekaufte Hülle von PowKiddy ist passgenau, aber trägt durch ein großes Fach im Deckel auch stark auf. Schließlich ist darin so viel Platz, dass sich auch ein HDMI-Adapter, HDMI- und Ladekabel verstauen lassen.

Ein neues Retro-Gaming-Handheld muss her

Als es im Juni 2021 einzog, bereitete der/die/das Anbernic RG 351V viel Freude:

die Form – eine charmante Game-Boy-Hommage
der Prozessor – in der Lage, Spiele bis zum N64 zu emulieren
die Firmware-Alternativen – um das Aussehen geschmackvoll und individuell anzupassen

Allerdings stellte sich die optisch schöne Form dann schließlich doch als zu wenig ergonomisch heraus. Zudem „fehlten“ der Hardware TV-Out und Bluetooth-Controller-Unterstützung, um das Gerät als Retro-Emulator am Fernseher zu betreiben – nicht, dass es dafür angesichts einer gemoddeten Wii im Haushalt tatsächlich einen Bedarf gegeben hätte.

Nach ein paar Stunden gewissenhafter Recherche – in dessen Verlauf diese aufschlussreiche Tabelle, die technische Daten zahlreicher Retro-Gaming-Handhelds listet, auftauchte – fiel die Wahl auf den/die/das Powkiddy X55. Zusätzlich zu den vermissten Funktionen ist das Gerät mit einem 5“-IPS-Bildschirm ausgestattet und kostet unter 100 Euro.

Gekauft.

Das Review von Retro Game Corps stimmt verheißungsvoll.

Nun heißt es: Drei Wochen auf die Ankunft warten – bevor endlich wieder Stunden für Konfiguration und Feintuning verbraten werden können – damit der neue immer-dabei-Chinesen-Game-Boy dann (zumindest theoretisch) spontan die guten alten Zeiten™ zurückholen kann…

Auf ein baldiges Wiedersehen mit Super Mario Land, Super Castlevania IV und Landstalker – ohne Fingerkrämpfe.

Ein neuer Bildschirm für ein altes iPad A1893

Doof, wenn der Bildschirm des iPads unvermittelt einen Spliss aufweist. Doofer nur, wenn dieser sich zu einem großen Riss ausweitet. Aber Glück im Unglück – Apples Entscheidung, beim fraglichen iPad der 6. Generation (A1893) das schützende Glas und den eigentlichen Bildschirm nicht zu laminieren, resultiert in einer hervorragenden (hüstel) Reparierbarkeit. Ersatzglas bestellt und ab dafür 1.

Wie man das Glas austauscht erklärt dieses Video länglich und ausführlich:
https://www.youtube.com/watch?v=WH7m6WjKv6s

Learning aus der erfolgreichen Reparatur:

  1. Werkzeug! Werkzeug! Werkzeug! Weil gerade kein Displayheber zur Hand war, erfolgte der Griff zum Cutter-Messer. Ein unschönes Arbeiten – zumal sich NACH dem Ende der Operation herausstellte, dass der Hersteller der Ersatzscheibe (30 Euro) einen Displayheber beigelegt hatte.

  2. Keine Angst vor zu viel heißer Luft. Erst, wenn das Glas richtig heiß ist (hier: Aua!), weicht der verdammte Kleber auf, und das Glas lässt sich vergleichsweise einfach ablösen. Gewalt geht zwar auch, Splitter nerven aber kolossal.

  3. Alkohol hilft immer. Er beruhigt die Nerven und zudem sorgt IAP (hier: ‚Isopropanol‘ und nicht ‚Indian Pale Ale‘) dafür, dass man den verdammten Kleber abgekratzt bekommt. Tool-Tipp: Zahnarzt-Werkzeug.

  4. Großzügige Arbeitsfläche schaffen und abschließen. Wenn man die ECOBRA-Schneidematte mit dem Patienten nach Belieben drehen kann, geht alles viel leichter von der Hand. Und wenn keiner stört, gibt es zwar keinen Sündenbock, aber man hat eben auch seine Ruhe.

  5. Vorsicht mit der Druckluft. Immer gut schütteln und Abstand wahren – näher dran geht immer noch. Wenn man den Staub von Display und Innenseite des Glases vorsichtig bei Seite bläst wird des der Hardware durch tropfenweise austretenden Stickstoff auch nicht zu kalt. Alternativ: Reinraum

Impressionen:


  1. Haha. Schön wär’s. Rechnungsdatum Ersatzglas: 27. August 2022. Datum Reparatur: 27./28. Februar 2024. – Kinder spenden so viel Freude, verhindern aber auch so viele Reparaturen. 

Hörempfehlung zum Frühjahrsputz: „Tatort Ostsee – Wer sprengte die Nord Stream-Pipelines?“


Wenn der Frühjahrsputz ansteht, braucht es dabei etwas auf die Ohren. Empfehlung dafür „Tatort Ostsee – Wer sprengte die Nord Stream-Pipelines?“ von Marcus Engert und Sandro Schroeder – WDR5.

Interessant zu hören, wie viele Puzzlestücke es gibt und wie sich diese zusammensetzen. Ärgerlich nur das penetrante Dutzen des Höreres und wie mit dessen Zeit ungegangen wird. Tatsächlich hätte sich das Ganze sicher mühelos in einer Stunde fassen lassen, aber es scheint bei episodischen Hörstücken mittlerweile en vogue, sich nicht mehr zurückzunehmen und die eigene Recherche episch auszubreiten.

Aber es scheint sogar noch schlimmer zu gehen, denn in der ARD Audiothek geht es dann noch epischer: Auf fünf mal 45 Minuten.

Sei’s drum:
Tatort Ostsee“ – Ein Loch im Meer (1/4)
Tatort Ostsee“ – Die Quelle im Kopf (2/4)
Tatort Ostsee“ – Augen in Erbsensuppe (3/4)
Tatort Ostsee“ – Klopfen im Kriegsgebiet (4/4)

Gestrigem auf den Zahn gefühlt

jeremy_parish_aufmacherJeremy Parish (@gamespite) mag die gute alte Zeit, in der Nintendo Entertainment System, GameBoy und SNES liebster Zeitvertreib waren. In Dutzenden Video-Episoden von “Good Nintentions” und “Game Boy World” nimmt er die ältesten Titel für Nintendos erste Konsole und das Handheld auseinander.

Seine neue Video-Reihe “Mode Seven” widmet sich Titeln für das Super Nintendo – die er kenntnisreich und hintergründig vorstellt. Wer mag, kann ihm auf Patreon was in die Kaffeekasse werfen. Dem Bewegtbild Abgeneigte können in Parish’ Büchern lesen.

Noch mehr Schönes von Parish gibt es auf Metroidvania und Game B.