Gaijin. Japan 2019: Lebensgefährliches Mario Kart?

Die Einreise am Tokioter Flughafen geht so flott, wie alles andere, das die Japaner organisieren. Zwei mal die Zeigefinger aufgelegt, einmal in die Kamera gegrimmt, welcome to Japan. Als ehrliche Dumme deklarieren die Wandervögel drei Äpfel, vier Möhren und eine Banane. Gnadenlos müssen sie in der Folge auf ihren Proviant verzichten. Um von Ausländern eingeschleppte Keime an der illegalen Einreise zu hindern, sind emsige Service-Kräfte damit beschäftigt, ihre Umgebung mit Hilfe von Akku-Staubsaugern zu reinigen. Vrrrr. Vrrrr. Vrrrr. Die Wandervögel flüchten aus dem Flughafen in den öffentlichen Personen-Nahverkehr. Am Montagmorgen um 8 Uhr in die Tokioter U-Bahn, was soll da schon schiefgehen?

Glück im Unglück findet das befürchtete Menschenstopfen in der Gegenrichtung statt, so dass die Wandervögel die Fahrt in die Innenstadt der Metropole genießen können. Hohe Betonblöcke und schmale Straßen, dazwischen und darunter windet sich der Sumida, auf dem Dschunken treiben. Umsteigen, Fußmarsch und bereits im zweiten Anlauf finden die Wandervögel ihre Unterkunft. Leider ihrer Zeit weit voraus, denn noch belagern laute und unansehnlich Mexikaner das reservierte Zimmer. Überhaupt ist die ganze Unterkunft voller Marmeladentoast mampfender und entsprechend geformter junger bis mittelalter mexikanischer Menschen. Einziger Ausweg: Flucht nach vorn. Ab in die Stadt.

Im Nieselregen machen sich die unausgeschlafenen und verknitterten Wandervögel an die Absolvierung des knallharten Tagesprogramms. Werkzeug der Wahl ist ein 48-Stunden-Pass für die U-Bahn. Erster Stop: Shibuya. Die vielgezeigte Alle-Grün-Kreuzung entpuppt sich als unspektakulärer Reinfall. Anstatt die urbane Hetze durch eine Menschenflut aus Tausenden hektischer Passanten zu symbolisieren, tröpfelt lediglich ein eher beschauliches beschirmtes Rinnsal durch den öffentlichen Raum. Ähnlich unansehnlich die Hundestatue, was andere Touristen nicht davon abhält, in dämlichen Verrenkungen davor zu posieren.

Der nächste abzuhakende Punkt auf der Liste Tokioter Sehenswürdigkeiten ist der Meiji-jingu-Schrein, ein idyllisch gelegener Shintō-Tempel. Durch einen Stadtwald zieht sich ein Kieselweg, der von ambitionierten Grünflächnern beackert wird. Mit überlangen Besen trennen sie zwischen den in Regencapes gehüllten Stadtgästen sisyphotisch Laub und Kiesel. Weit ansehnlicher als der mehrfach wiederaufgebaute Tempel sind die meterhohen Tore. Nichts von beiden oder die hier verehrten Gottheiten tragen allerdings dazu bei, dass es aufhörte sich schmierig einzuregnen. Immerhin kühlt der Sprühregen die mittlerweile rundgelatschten Quanten von Wandervogel 1 und 2.

Der Anblick quirliger junger Menschen soll es richten. Ab in die Takeshita-Dori, wo sich die über ihre Zukunft und sexuelle Identität unschlüssige Jugend der Nation tummelt, um das Taschengeld für Schwachsinn auf den Kopf zu hauen. Auf dem Weg werden die Wandervögel fast von einem Tross Kostümierter überfahren, der aktuelle Touristen-Nepp, verkleidet als Klempner, Dinosaurier oder Prinzessin im Go-Kart durch die Stadt zu knattern. Auf den Stoßstangen der Hinweis „Unrelated to Nintendo“. Ob das die teuersten und bestfrisierten Anwälte des Landes von ihrer Arbeit abhalten wird?

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