Gaijin. Japan 2019: Notfall über Perm

Viel zu früh geht es für die Wandervögel aus den Federn, aber die günstigen Flüge heben eben zu Unzeiten ab. Und was man beim Flug spart, kann man in Sushi investieren. Noch bevor sich die Maschine in die Lüfte erheben kann, hat Wandervogel 1 den Kanal voll: Stau auf der Autobahn. Panik. Alarm. Vollausschlag. Nach zwölf Minuten ist der Thriller allerdings vorbei und die Wandervögel sitzen neben dem todernsten Bruder von Frank Thelen im Flieger nach Wien. Dazu Wiener Walzer in der Dauerschleife bis das Gehirn in Fransen hängt. Aber stets: Bitteschön, Dankeschön, habe die Ehre gnädige Frau. Vor Ort: Riesige Mozartkugeln und in Zeiten der Geschlechtergerechtigkeit auch Mozardinnenkugeln oder Mozartkugelinnen – in jedem Fall mit perrückter Ursel auf dem Goldpapier – sollen sie kaufen. Ein von Zahnschmerzen geplagter Wandervogel 2 lächelt nur gequält.

Dr. Wandervogel 1 hat sich da was therapeutisches ausgedacht; schließlich ist sie ja fast Ärztin: Einfach schwungvoll auf die Hand vom Wandervogel setzen. Dann tut anschließend und zur Abwechslung mal was anderes weh. Selbst von den Schmerzensschreien lassen sich die zahlreichen Japaner nicht aufschrecken, die um die Wandervögel Platz genommen haben. Und es werden immer mehr. So viele, dass die Durchsagen für den Flug nach Tokio den Mehrheitsverhältnissen angepasst ebenfalls in der Landessprache der Destination erfolgen. Anstellen haben sie drauf, die kleinen flinken Asiaten. Zapp, zapp, zapp in den Flieger. Zapp, zapp, zapp auf die Plätze. Zapp, zapp, zapp hebt er ab – der Flieger mit zwei Wandervögeln und 224 Japanern die artig, still und leise das Videoprogramm an Bord genießen. Ready, or not, Godzilla, here we come.

Aber natürlich kommt es anders. Die Gesittetheit der Flugreisenden nimmt ein jähes Ende, als allgemeiner Aufruhr im Mittelteil der Kabine ein konkreter Hilferuf folgt. Wandervogel 1 – wie erwähnt fast Arzt – erwägt rettend einzuschreiten. Aber flinke Japaner sind schneller. Zapp, zapp, stabile Seitenlage. Zapp, zapp, die Decken und Kissen der Umsitzenden geborgt. Zapp, zapp,die Vitalfunktionen positiv überprüft. Erleichterung macht sich breit. Nicht nur weil niemand gerne mit Leichen reist, sondern auch weil niemand gerne im russischen Perm zur Erstversorgung landet.

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