Mzungu. Ostafrika 2018: Auf die Plätze, fertig, da!

Aller Anfang ist Qual. Vier Uhr in der Früh, dafür braucht es kein höchstrichterliches Urteil, ist schlichtweg nicht zumutbar. Keiner und niemand sollte sich zu dieser Zeit nach einem letzten Blumengießen schwerbepackt in die regennasse Nacht aufmachen müssen. Um ebendiese Kreise zu schützen, nehmen sich die selbstlosen Wandervögel dieser Aufgabe an. Die Passion Christi mischt sich mit dem Duft der großen weiten Welt. Auf die Plätze, fertig, Ostafrika.

Direktflüge sind für dekadente Business-Schranzen und Pauschal-Pussies, echte Sparfüchse können nicht genug davon bekommen, ihre Zeit in Wartehallen zu verbringen. Kiel, Hamburg, Amsterdam, Nairobi, Entebbe – 14.000 Kilometer in 24 Stunden. Dazwischen das volle Programm: Verzögerter Anflug wegen fehlenden Gepäcks, überbuchte Maschinen, obsessiv Fingernägel kauende Halbarmhemden, winzige Bildschirme mit unscharfem Bild, im Bau befindliche Wartebereiche. Routiniert reiten die Wandervögel die Welle aus Pleiten, Pech und Pannen bis in die Brandung, um sich schließlich in das fallen zu lassen, was nach der Brandung kommt.

Im jüngsten Fall handelt es sich dabei um den Asphalt von Entebbe, auf dem die Wandervögel um 2 Uhr morgens Ortszeit landen. Oder für John-Sinclair-Fans: Entebbe, 2 Uhr morgens. Ortszeit. Gelbfieber-Impfung? Klar! Visum online beantragt und bezahlt? Logo! Dann bitte eine Stunde warten bis sich der Schalterbeamte bequemt die Einreiseformalitäten in Form einer zu leistenden Unterschrift in die Wege zu leiten. Afrika, Du hast uns wieder.

In weiser Voraussicht über ihren Entkräftungszustand, haben sich die Wandervögel einen Abhol-Service arrangiert. Ob der von Übermüdung und Klimaanlagen-Luft verquollen-entmenschlichten Anmutung der Reisenden, ergreift dieser spontan die Flucht. Doch er hat die Rechnung ohne die Wirte gemacht, die ihn unter ihren Rucksäcken ächzend auf den Parkplatz des Flughafens verfolgen. Dort winkt müde das Schicksal: Der Vollmond bestrahlt in der dünstigen Nachtschwüle einen zerfahrenen Autoreifen, der seine besten Tage lange hinter sich hat. Hit the road, Jack!

Zu den Klängen von „Super FM 88.5“ geht es durch die Finsternis. Alles könnte so einfach wie planvoll sein, doch Wandervogel-Tours funktionieren nach einem anderen Prinzip. Unvermittelt bremst ein vorausfahrender Kleinbus neben einem anderem. Aus dem ersten springt ein schwarzer Hüne mit Karabiner und Kalaschnikov, um sich in das andere Fahrzeug umzusetzen. Der Konvoi setzt seinen Weg fort. Die Wandervögel haben sich das Wundern abgewöhnt. Ein ganz normaler Fahrerwechsel im Herz der Finsternis.

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