The Goon 1-10 (Powell, Sniegoski, Parson)


Nach 20 Jahren holt Eric Powell sein Kind ‚The Goon‘ zurück in seinen Selbstverlag. Der Dark-Horse-Run war über weite Strecken unterhaltsam, aber am Ende auch am Ende. Leider ist Powells Label ‚Albatross Funny Books‘ aber dann am Ende kein Inkubator für einen zweiten Frühling sondern eine Gnadenwiese für die letzten Tage.

In lose zusammenhängenden Gesichten erzählt Powell in den ersten Ausgaben der Serie in bester ‚Gespenster Geschichten‘-Manier die Hintergrundgeschichten von Nebenfiguren, die er schließlich in einem Komplott zusammenführt. Leider nehmen die Nebenfiguren mehr Raum ein als der Goon oder Frankie, aber immerhin hat Powell das künstlerische Heft sicher hin der Hand. Ab der fünften Ausgabe geht dann alles bergab.

Powell lässt sich nicht nur von Tom Sniegoski beim Schreiben unterstützen, sondern gibt mit der fünften Ausgabe die Zeichnungen an Brett Parson ab. Mit dem Ende der ersten großen Erzählung und der achten Ausgabe zieht sich Powell dann vollständig auf die Rolle Präsentators zurück und überlässt das Ausfertigen der Handlung sowie Zeichnungen anderen – wobei Robert Langridge und Mike Norton keine Unbekannten sind, aber hier auch nichts beizutragen haben. Am Ende: Zeitverschwendung.

Black Hammer / Justice League: Hammer of Justice! (Lemire/Walsh)


Das unverhoffte Aufeinandertreffen von Justice League und den gestrandeten Superhelden aus Spiral City führt zusammen, was zusammengehört: Vorbild und Hommage – oder wie Lemire es sieht: Kommentar. Ein paar Seiten lang ist es schön zu erleben, wie die Teams einander ent- und widersprechen, dann verliert die durchschaubare Geschichte ihren Schub. Wenn Lemire in einem 1980er-Starro-Setting aufmacht, ist eben Mxyzptlk nicht weit.

Dafür, dass ein Dreiteiler auf fünf Ausgaben ausgewalzt – und Zatanna, Bizarro und Spectre hineingepresst – wird, entschädigen liebevolle Details. Beispielsweise, dass der Übergang vom freiheitlichen Dark-Horse- in das politisch-korrekte DC-Universum mit dem Verlust der unzensierten Sprache einhergeht. Dass die JLA eher wirkt wie eine Bande von Nazis, die es vorrangig auf den (Macht-)Erhalt des Status Quo, denn das Herstellten von Gerechtigkeit im Sinn hat, schafft indes keine Nähe.

Das Artwork von Michael Walsh lässt über weite Strecken Sorgfalt oder Ausdruck vermissen. Fahrigkeit ist eben keine schöne Rohheit. Sie unterstreicht das Gefühl, das den Leser bald beschleicht: Man vertreibt sich die Zeit mit einem potenziell kraftvollen aber schließlich folgenlosem Cross-Over, der hier und da Fan-Service leistet, aber am viel zu spät eintretenden Ende nur Achselzucken hervorruft.

Berlin 17-22 (Jason Lutes)


Für die Umsetzung des dritten und letzten Kapitels seines opus magnum benötigte Jason Lutes acht Jahre. Tatsächlich steckt viel Recherchearbeit in den Heften, die den Zeitgeist der strauchelnden Weimarer Republik sehr gut einfangen – ‚Emil und die Detektive‘ in ‚Babylon Berlin‘. Das Artwork ist stets augenfreundlich und schwankt zwischen detailreichen Stadtansichten und Panelreihen ohne Hintergründe, lieblos mit schnellem Strich gezeichnete Personen, denen sogar Gliedmaßen zu fehlen scheinen.

Seine über Jahre aufgebauten Handlungsstränge um den mit seiner Existenz ringenden Journalisten Kurt Severin, die sich nach einem bohemischen Leben sehnende Martha Müller und das Mädchen Silvia, das in der Jugendorganisation der KPD gegen die Nazis kämpft, führt Lutes hier zusammen. Schließlich sind ihre Geschichten allein nicht fesselnd und nur Träger mit unterschiedlichen Perspektiven für das Bild, das Lutes von einer Republik zeigt, der sich die Nazis langsam aber sicher bemächtigen. Einer Zeit, in der die Stimmung kippt; die angefeindeten Juden beginnen, das zu Land verlassen.

Im Kleinen und Mittleren patzt Lutes; wenn er immer wieder bei den Deutschen Texteinsprenkseln Fehler macht; wenn er alle Männer in Nebenrollen als kranke Jäger darstellt, die Frauen als Beute nachstellen und sie sogar verachten – weil sie lieber über die Falten von Haushälterinnen spotten, als sich Gedanken über ihre knurrende Mägen zu machen; wenn er vorrangig den modernen Klischees der Ära von im Verborgenen ausgelebter Transsexualität Raum gibt. Schließlich verdient sich das Gesamtwerk und der erzählerisch hochwertige letzte Band dennoch einen Platz als historisches Stimmungsbild.