Gaijin. Japan 2019: Gubbel-Island

Auf der Suche nach mehr robinsonischem Inselflair bucht die Reiseleitung zwei Plätze auf der Fähre nach Zamami. Auf dem Weg zum Eiland machen Monitore die Besucher mit den Gepflogenheiten vertraut: Nicht rumschreien, nicht in Badekleidung durch den Ort, nicht auf die Korallen treten. Anschließend läuft ein Verkaufskanal, auf dem Japaner die Vorzüge eines elektrischen Schnellkochtopfes anpreisen. Aus den Fenstern strandige Inseln in dunstigem blau in ruhiger See. Die Wale haben keine Saison und machen sich entsprechend rar, lediglich neben der Fähre aus dem Wasser schießende fliegende Fische mag Wandervogel 1 ausmachen.

Die Insel selbst erweist sich von angenehm überschaubarer Größe, allerdings auch von unangenehm überschaubarem Leben. Wie durch eine Geisterstadt schleppen die Wandervögel ihre Habseligkeiten zur Herberge, vorbei an aufgebockten, verrostenden Autos und Booten in hinterhöflichen Trockendocks. Doch für Resignation ist keine Zeit, die Meeresfreunde mieten sich Masken und Schnorchel und machen sich rechtzeitig zum Hochwasser auf zum Schildkröten-Strand. Unter Wasser zeigt sich jedoch ein trauriges Bild, graue leblose Trümmer, erst an der abgekordelten Außengrenze bunte Zeichen maritimen Lebens. Als ein Proll sich seiner Angebeteten dadurch beweisen will, dass er ihr zeigt auf Korallen stehen zu können, rastet Wandervogel 1 aus und macht den Naturschänder zur Schnecke. Zum Glück nimmt sie dabei vorsorglich den Schnorchel aus dem Mund. Das Meer kocht.

Auch auf dem Rundgang zum zweiten Schnorchelstrand der Insel zeigt sich diese eher von ihrer öden Seite. „Ist ja eher so Gubbel-Island“, kommentiert die Reiseleitung lakonisch die farbblätternden Häuser und unkrautigen Wege. Nach einer weiteren Schnorchelpartie stellen die Wandervögel die insulare Küche auf eine Probe. So zumindest der Plan, denn schließlich stellt die Cuisine Insulaire die Wandervögel auf eine solche. Schlimmer noch, auch der Club der Heimatfreunde Pirmasens ist mit einer Delegation zu Gast, demonstriert derbe Gemütlichkeit und kulturelle Überlegenheit: „Also ich nehm Leis. Leis mit Biel.“ Schenkelklopfer.

Als die Wandervögel schließlich einkehren wollen, präsentiert der Tag ihnen eine weitere Überraschung. Die gebuchte Legebatterie, in der kaum genug Platz für die Rucksäcke ist, schimmelt, dass sich die Tapete löst. Um den Ungeruch zu maskieren, haben die Betreiber unter den Betten – bewacht von Staubmäusen – Klosteine drapiert. Am Morgen nach der Schimmelnacht konfrontiert die Reiseleitung die Betreiber. Ohne Erfolg, denn einerseits habe man ja Klosteine ausgelegt, und andererseits sei das mit dem Schimmel nun mal so. Schließlich befände man sich auf einer Insel. Dieser Zusammenhang leuchtet den Wandervögeln nicht ein und so packen sie ihre Rucksäcke und verlassen kurzerhand beleidigt und mit belegten Bronchien Gubbel-Island.

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