Supersized. USA 2018: Im Uraltwald

Nach der lebensfeindlichen Wüste des Death Valleys treibt es die Wandervögel in belebtere Gebiete. Zurück in Kalifornien wollen sie ihre alten Freunde, die Mammutbäume, besuchen. Nach einem von Verkehrsrauschen untermalten Weißweingelage auf dem Balkon ihrer an der Autobahn gelegenen Unterkunft in Bakersfield, geht es Tags darauf mit angedicktem Kopf zurück auf die Straße. Einen kurzen Stopp im Supermarkt später – die Käsebagel-Vorräte wollen aufgefüllt sein – geht es in die durch von Asphalt durchtrennte Öde. Keine Vorstellung hatten sich die Wandervögel davon gemacht, wie unbewohnt die Westküste des Landes so ist. Angesichts der dürren Landschaft aber nicht verdenklich.

Just als Wandervogel 2 also in seinem wohlgeformten Schädel die Puzzleteile der Weltformel zusammenfügt, grünt es. Die wüste Öde weicht Bäumen und Wiesen, aus ebener Straße wird ein ansteigender kurviger Aufwärtskampf. Hat sich was mit Weltformel, hallo Wald! Der Sequia-Nationalpark hat seinen Namen von den dort beheimateten gleichnamigen Mammutbäumen. Photosynthesenden Monstren, die schon Schatten spendeten, als Jesus noch Quark im Schaufenster war. Der Star des Parks ist General Sherman, zweitältester lebender Baum der Erde. Angesichts der ihn kontinuierlich bestürmenden schnappschießenden biologischen Fehlentwicklungen allerdings dem sicheren Tod geweiht.

Leicht gibt sich der holzige Gigant allerdings nicht geschlagen. Ein besonders geschmacklos gekleideter Vertreter der Spezies Mensch drängt seine Begleitung dazu, ihn vor dem riesigen Baum zu fotografieren. Während er sich mit seiner ungesunden Körperfülle über mit Verbotsschildern behängte Zäune hieft, lässt Sherman drohend das Astwerk rascheln. Doch das weiß besockte Sandalen-Menschlein marschiert unbeirrt weiter, klettert auf der Suche nach dem perfekten Motiv ungelenk auf Shermans Stamm herum. Der hat mittlerweile die Krone voll und trennt sich kurzerhand von einem armdicken Ast, den er dreißig Meter in die Tiefe rauschen lässt. Verfehlt er doch sein Ziel um einen Meter, ist die Ansage ausreichend für einen denkwürdig dummen Gesichtsausdruck auf dem Urlaubsbild.

Shermans 1850 Jahre alter Bruder ist General Grant gewidmet und hat es geringfügig ruhiger. Wandervogel 2 nutzt das Idyll, um günstige (hier: kostenlose) Souvenirs zu organisieren: Er sammelt kinderkopfgroße Tannenzapfen als weihnachtliche Wohnzimmerdekoration und beschmiert sich dabei unbeabsichtigt wie ausgiebig mit Harz. Der Grund für die vergleichsweise geringe Besucherdichte um Grant erschließt sich Wandervogel 1 indes körperlich. Unbemerkt haben sich während des Spaziergangs dutzende Stechinsekten über die luftig gekleidete Reiseleitung hergemacht und an ihr herumgenuckelt. Bei der abendlichen Inventur ergibt sich die stattliche Zahl von 20 juckenden Stichwunden. So schnell wird dieses Naturerlebnis nicht vergessen sein.

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