Chop Chop. China 2017: Touchdown in Beijing


Nach den Warten kommt das Warten. Mit ihrem Marschgepäck stehen die Wandervögel im Halbdunkel am Bordstein und warten auf den Bus, der sie vom Flughafen in das Zentrum der chinesischen Metropole bringen soll. Während das dünn besetzte Gefährt durch die Dämmerung braust und die Wandervögel erschöpft in sich zusammensinken, ist eine Person ganz aus dem Häuschen: eine Runzeloma, die es während der 50-minütigen Tour einfach nicht auf ihren winzigen Pobacken hält und die halb im Gang stehend jeden Meter der Fahrt so aufgeregt verfolgt, als tuckerte sie in einer goldenen Yacht den Regenbogen entlang.


Vorbei an den vulgär-massiven Prunkbauten des Sozialismus, die in nächtlicher Beleuchtung noch vulgärer aussehen, geht es in das Herz von Peking. Eine lange Fahrt durch die große Schwester der Karl-Marx-Allee. Nach dem Ausstieg lassen die am Wege lagernden Taxifahrer sich nicht lange bitten, doch die Wandervögel haben kein Interesse daran, ihre Zeit und von der Reise abgewetzten Nerven damit zu vergeuden, überzogene Preisforderungen zu verhandeln. So geht es dann in den Bus – und weil die Wandervögel nur Papiergeld haben und der Fahrer nicht herausgeben kann, lässt er sie gönnerhaft kostenlos mitfahren.


Die Endstation der Wahl haben die Wandervögel dem Fahrer gegenüber durch wiederholtes intensives Deuten auf ein Schriftstück unmissverständlich klar gemacht. Kurze Zeit später stehen sie inmitten des regen Treibens dutzender radelnder, hupender und vor allem rotzender Pekinesen. Vor allem das, durch Hochziehen der Nase und Rachen, Lockern von Körpersekreten, die anschließend je nach Geschick oder Technik mehr oder minder schwungvoll durch den Mund den Körper verlassen – manches fliegt und klatscht, manches hängt über bange Sekunden von der Lippe, bevor es auf dem Leibchen endet – erscheint als eine beeindruckende Eigenart der Gastgeber, die man schwerlich als reizend bezeichnen kann.


Wenngleich der Name „Red Lantern Hotel“ einen Amüsierbetrieb vermuten lässt, stellt sich die gebuchte Unterkunft als durchaus passabel heraus. Allerdings scheint der Inhaber bezüglich seiner beruflichen Zukunft unentschlossen, denn die zur Herberge umgebaute Fahrzeughalle ist gleichermaßen Koi-Aufzuchtstation: hunderte unförmige Goldfische blubbern und schnorcheln unter den von der Decke hängenden Lampions auf denen Jahrzehnte der Ignoranz haben zentimeterdicke Staubschichten haben wachsen lassen. Diese mangelnde Hingabe zu Hygienischem bereitet die Wandervögel jedoch sehr gut auf den Besuch im nachbarlichen Etablissement „Zum schmierigen Stäbchen“ vor, wo die Gäste selbst die Biergläser polieren, wenn sie Kaltgetränke ohne Schleimfilm bevorzugen.

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